Anne Trabant: Früher gab es kein Geld
Bonn (dpa) - Sie war die erste Spielführerin einer DFB-Frauen-Nationalmannschaft: Anne Trabant. Die legendäre Mittelfeldregisseurin galt in den 70er Jahren bis Anfang der 80er Jahre als überragende deutsche Spielerin.
Mit verschiedenen Vereinsmannschaften wurde sie als Spielerin und Spielertrainerin deutscher Meister. Die 62 Jahre alte frühere Lehrerin und heutige Rentnerin lebt seit einigen Jahren in der Schweiz.
Frau Trabant, Sie führten im November 1982 die gerade neugegründete deutsche Frauennationalmannschaft zu ihrem ersten offiziellen Spiel aufs Feld. Wie war das?
Trabant: „Es war in Koblenz gegen die Schweiz, wir gewannen 5:1. Es war ein unbeschreibliches Gefühl. Mit Nationalhymne. Ein Traum ging da in Erfüllung.“
In welchem Dress sind sie aufgelaufen?
Trabant: „In einem Nationaltrikot. Es waren wohl Trikots, die eigentlich für die Jugendnationalmannschaft gedacht waren. Aber für uns wurden extra Damenhosen gefertigt.“
Aber zuvor waren Sie schon einmal quasi für Deutschland aktiv, wenn auch inoffiziell?
Trabant: „Ja, das war 1981 in Taiwan, ein internationales Turnier mit anderen Ländermannschaften, eine inoffizielle Weltmeisterschaft.“
Da gab es doch noch kein Nationalteam?
Trabant: „Nein, der DFB hatte eine Einladung. Da es aber keine Nationalmannschaft gab, sind wir von meinem Verein Bergisch-Gladbach - wir waren damals deutscher Meister - dorthin geschickt worden. Für uns war es eine sensationelle Sache. Und gewonnen haben wir auch. Eine Prämie gab es aber nicht.“
Danach reagiert man beim DFB aber schnell?
Trabant: „Zu dem Erfolg in Taiwan kam dann noch hinzu, dass auch die UEFA den Frauenfußball jetzt fördern wollte und eine Europameisterschaft ausschrieb. Da hob 1982 auch der DFB eine Nationalmannschaft aus der Taufe. Man dachte, jetzt sind wir auch so weit, dass wir mithalten können.“
Sie waren da eng einbezogen?
Trabant: „Ja, aber ich hatte noch keine A-Lizenz als Trainerin, die habe ich erst ein Jahr später gemacht. Der damalige DFB-Präsident Hermann Neuberger berief Gero Bisanz, der in Köln für die Trainerausbildung zuständig war. Ich denke, beim DFB hat man mir die Chefrolle damals nicht zugetraut.“
Aber ohne Sie ging es auch nicht?
Trabant: „Ja, ich wurde Co-Trainerin und auch als reaktivierte Spielerin am Anfang der verlängerte Arm von Gero Bisanz auf dem Spielfeld. Ich habe auch die Spielerinnen mit ausgewählt, weil ich einen guten Überblick hatte.“
Ex-Nationalverteidiger Berti Vogts soll auch als Trainer im Gespräch gewesen sein, was allerdings im Kreis der Spielerinnen nicht positiv ankam?
Trabant: „Wir haben das damals abgelehnt, das stimmt.“
Ein „Terrier“ und grätschender Kämpfertyp wäre nichts für die Frauen gewesen?
Trabant: „Nein.“
Sie haben in den 70er Jahren auch schon die Vereine gewechselt, floss denn damals auch Geld?
Trabant: „Wir waren reinste Amateure. Die meisten Vereine konnten sich das auch nicht leisten. Es gab kein Geld, wirklich nicht, vielleicht Fahrgeld und mal ein Essen. Als wir einmal mit Bergisch-Gladbach deutscher Meister wurden, belohnte uns der Verein mit einem Urlaub an der spanischen Küste. Erst gegen Ende der 80er Jahre und mit Gründung der Bundesliga fing es dann mit dem Geld an.“
Wie waren die Jahre zuvor, bis dann der DFB sein Verbot zum Frauenfußball 1970 aufhob?
Trabant: „Es gab gegen Ende der 60er Jahre immer mehr wilde Mannschaften. Da es keine Pässe gab, konnte man auch beliebig wechseln. Oft waren die Spiele ja auch nur Gaudi. Da kickten Spielerinnen oder Spielfrauen auf Festen oder Vereinsjubiläen gegen den Nachbarort.“
Und dumme Sprüche gab es in den Pionierzeiten auch?
Trabant: „Das gehörte dazu. Trikot tauschen! Trikot tauschen! - Das war natürlich ein Hauptspruch. Aber darauf haben wir uns nicht eingelassen.“
Wie werden Sie die WM in Deutschland verfolgen?
Trabant: „Beim Eröffnungsspiel zwischen Deutschland und Kanada werde ich mit Freundinnen und Ex-Nationalspielerinnen in Berlin dabei sein.“
Auf Einladung des DFB?
Trabant: „Nein, die Karten dafür habe ich selbst bestellt und gekauft. Vom DFB gab es direkt keine Einladung zu einem Spiel. Das finde ich enttäuschend. Ich werde aber voraussichtlich über Nationalmannschafts-Managerin Doris Fitschen mit dabei sein bei Sponsoren-Aktivitäten in Stadien.“