104 Jahre, drei Spiele und zum Start ein Fahnen-Boykott

London (dpa) - Eine königliche Eröffnung hat es bereits bei den zwei Spielen zuvor in London gegeben, 1908 durch Edward VII. und 1948 durch Georg VI., aktuell wird dessen Tochter Elisabeth II. die Spiele eröffnen.

Alles begann beim Londoner Triple mit einem aufsehenerregenden Flaggen-Boykott.

13. Juli 1908 in London, 15.00 Uhr: Erstmals begann eine Eröffnungsfeier Olympischer Spiele mit dem Einmarsch der Mannschaften. Edward VII. sprach die offizielle Eröffnungsformel. Nach Abspielen der britischen Nationalhymne mussten die Fahnenträger die Flaggen vor dem König senken. Doch der Amerikaner Ralph Rose weigerte sich aus Protest. Ihn hatte empört, dass unter den gehissten Teilnehmerflaggen das Sternenbanner fehlte. Nach drei Hochrufen auf den König verließen die Sportler das Stadion und die Leichtathletik-Wettkämpfe begannen. Später verbot der US-Kongress in Washington seinen Bürgern per Gesetz, die zu verehrende „Stars and Stripes“ vor Personen und Gegenständen zu senken.

Es ist ein weiter Weg von jenem 13. Juli vor 104 Jahren, den zweiten Spielen in London 1948 als Zwischenstation, bis zum dritten Olympia-Spektakel in der britischen Metropole. Diesmal ist es an Königin Elisabeth II., die Spiele zu eröffnen, unter Beobachtung eines Milliarden-Publikums via Fernsehen. Was in den olympischen Anfängen nur als Beiwerk erschien, ist seit den Spielen in Atlanta 1996 eine herausgehobene Eröffnungszeremonie. Das US-Fernsehen hatte sich die Show damals als Solitär mit einem Zusatzhonorar von 80 Millionen Dollar erkauft, und das IOC verlängerte seine Spiele bereitwillig um einen Tag. Seitdem gibt es TV-Ware für 17 volle Tage.

An Londons olympischem Triple ist vielseitig abzulesen, welche Entwicklung die Sommerspiele genommen haben. 1908 waren es quasi Europa-Spiele. Nur sechs der 22 Teilnehmer-Mannschaften kamen aus Übersee - und dies nach langen, ermattenden Seefahrten. Großbritannien stellte allein 773 der 2008 Sportler, errang in den 22 Sportarten mit ihren 110 Entscheidungen 145 Medaillen und verwies die USA (47) auf Platz zwei. Als späte Auswirkungen des Britisch-Amerikanischen Krieges von 1812-15 vergaßen die Briten gelegentlich ihr Fair Play. Ob die Unterschlagung der US-Fahne Absicht war, blieb ungeklärt. Die Gastgeber durften jedenfalls das gesamte Kampfgericht stellen, und das nutzten sie. Ein Sonderpreis für die erfolgreichste Ländermannschaft wurde Wegbereiter für die (inoffiziellen) Medaillenspiegel.

Damals sahen etwa 300 000 Zuschauer zu, die Ausgaben für die „öffentliche Sicherheit“ betrugen 5 000 Dollar. Die Macher 2012 müssen 1,2 Milliarden Euro für die olympische Sicherheit aufwenden. Für die Vorbereitung hatte die britische Metropole nur zwei Jahre Zeit, gegenwärtig sind es sieben Jahre. Es gab keine Qualifikationen. Amateur war, wer sich dafür hielt. Zu den Sportarten zählte noch Tauziehen, das ein skurriles Ende fand. Es siegte eine Londoner Polizeimannschaft, die mit ihren Spike-Stiefeln die USA deklassierte. Deren Team protestierte, nahm aber das Angebot der Gastgeber nicht an, das Ziehen auf Strümpfen zu wiederholen.

Bei der zweiten olympischen Ausgabe 1948 in London, brachten die Athleten in einer vom Zweiten Weltkrieg geschundenen Welt eigene Handtücher und Nahrung mit, traten als Selbstversorger auf und nächtigten in Militärbaracken, Schulen und Studentenunterkünften. König Georg VI., Vater von Elisabeth II., eröffnete. 4104 Sportler aus 59 Länder machten mit. Kriegsverlierer Deutschland war noch ausgesperrt. Seine Beteiligung bestand darin, dass Kriegsgefangene zum Ausbau von Straßen herangezogen wurden. Und es begann ein neues mediales Zeitalter: Für 80 000 Inhaber von TV-Geräten auf der Insel gab es Übertragungen in die Wohnstuben. Diesmal erwartet das IOC weltweit vier Milliarden Olympia-Fans vor den Fernsehern.