Berlins Sport-Chef hofft auf ein Votum über 50 Prozent

Berlin (dpa) - Trotz fehlender Euphorie in der Bevölkerung sieht sich Berlin im Zweikampf um die Bewerbung für Olympische Spiele gut im Rennen.

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„Es ist ein offenes Geheimnis, dass Berlin einen etwas späteren Start hingelegt hat. Für einen Dauerlauf reicht es, für einen 100-Meter-Lauf hätte es nicht gereicht. Aber Olympia ist eine Marathonstrecke“, erklärte Klaus Böger, der Präsident des Landessportbundes Berlin, im Interview der Deutschen Presse-Agentur.

Mögliche Defizite gegenüber Mitbewerber Hamburg beim Stimmungstest bringen Böger nicht aus der Fassung. „Umfragen sind immer eine Kurzzeitpulsmessung. Und bekanntermaßen verändert sich ein Puls. Ich hoffe auf ein positives Votum von über 50 Prozent. Eine Pulsmessung ist interessant, aber nicht die absolute Entscheidung für Spiele 2024 und 2028“, relativierte er den Wert der Umfragen.

In Hamburg gibt man sich indes überaus zuversichtlich. Der Chef des Hamburger Sportbundes HSB, Jürgen Mantell, erwartet bei der DOSB-Meinungsumfrage, deren Ergebnisse am 10. März vorliegen sollen, eine Zustimmung von „70 Prozent plus X“. In beiden Städten waren 1500 Bürger über ihre Haltung zu Olympia befragt worden. Das DOSB-Präsidium wird am 16. März den deutschen Kandidaten vorschlagen.

„Die eigentliche Herausforderung, das Plebiszit, steht am 15. September an. Es geht jetzt nicht um einen innerdeutschen Schönheitswettbewerb“, äußerte Böger. „Sondern darum, mit einer Stadt anzutreten, die 2017 Chancen hat gegen gewichtige Konkurrenten. Eine Entscheidung im März 2015 ist ein Indikator, aber kein Nein-oder-Ja-Indiz“, fügte der frühere Bildungs- und Sport-Senator von der SPD hinzu. „Ich kann verstehen, dass der DOSB die Bevölkerung mitnehmen will. Wir dürfen uns keinen Fehlschuss mehr erlauben, weil dann auf Jahrzehnte für Deutschland die Sache gegessen ist.“

Böger hat auch ein Begründung parat, warum die Olympia-Akzeptanz in Berlin eher mau ist. „In einer Welt, in der es jeden Tag ein anderes Aufregerthema gibt, ist es klar, dass Olympia nicht automatisch ein aktuelles Thema ist.“ Es gelte, „weit vorauszudenken und ein Olympisches Feuer zu entfachen, das könnte ein Strohfeuer sein. Aber es geht nicht um ein Strohfeuer, sondern um eine klare Entscheidung, eine Struktur, die auch über zehn Jahre trägt.“

Das peinliche Erscheinungsbild der Hauptstadt mit den irre teuren Bauflops bei Flughafen oder Staatsoper lassen Bögers Optimismus nicht schwinden. „Natürlich kenne ich all diese Vorbehalte und weiß, dass der BER für Berlin kein Glanzstück, sondern ein Skandal ist. Aber das kann doch nicht heißen, dass wir eine ganze Generation bestrafen für ein Projekt, das noch viele Jahre vor uns liegt“, meinte er.

Allen Kritikern hält Berlins Sportchef entgegen, dass Olympia zusätzliche Investitionen auslösen würde, auch vom Bund und der Wirtschaft. „Es ist ein Konjunkturprogramm“, sagte Böger. Olympia 1972 in München habe viel bewirkt: „Sportarten, die in der damaligen Bundesrepublik kaum bekannt waren wie Volleyball, haben eine große Entwicklung genommen. Es entstand ein Leistungssport-Fördersystem mit Privatinitiative, von dem wir heute noch zehren.“

Selbst die gescheiterte Olympia-Bewerbung 1993 habe Berlin Vorteile verschafft. „Was wäre der Berliner Sport ohne Max-Schmeling-Halle, ohne Velodrom und Europa-Schwimmhalle? Neun Doppelsporthallen werden allein im Komplex Schmeling-Halle vom Schul- und Breitensport genutzt.“ Die Vorgeschichte der Bewerbung sieht Böger indes nicht günstig. „Es ist ja nicht so, dass nur Berlin gescheitert ist. Schon in der Vorabstimmung ist eine Stadt gescheitert, die 150 Prozent Zustimmung hatte in der Bevölkerung: Leipzig. München erhielt für 2018 nur neun Stimmen. Dieser Schmerz sitzt tief.“