Boston 2024 holt die Team-Eigner ins Olympia-Boot
Boston (dpa) - Die Überschrift klang fast schon ein wenig verzweifelt. „Kann Steve Pagliuca Bostons Olympia-Bewerbung retten?“, fragte der „Boston Globe“.
Der Hamburger Kontrahent und vermeintliche Favorit um die Austragung des Großereignisses in neun Jahren wirkt angeschlagen. Eine Umfrage im April ergab nur 40 Prozent Zustimmung, die Opposition wird lauter.
Boston wankt - und hofft nun auf einen seiner großen Team-Besitzer. Steve Pagliuca soll nach Medienberichten der Olympia-Bewerbung neuen Schwung und ein neues, vertrauteres Gesicht geben. Der 60-Jährige ist seit 2003 Miteigentümer der Boston Celtics, des Rekordmeisters der Basketball-Profiliga NBA. Und Pagliuca ist es als Finanzinvestor der Firma Bain Capital gewohnt, leistungsschwache Unternehmen einer knallharten Prüfung zu unterziehen und sie wieder wettbewerbsfähig zu machen.
Er wird, so heißt es, den Platz von John Fish als Chef von Boston 2024 einnehmen. Fish ist der erfolgreichste Bau-Unternehmer der Stadt. Beruflich hat er eine makellose Reputation, gilt als jemand, der große Dinge anpackt und sie pünktlich sowie kostengenau übergibt. Und er war es auch, der die Bewerbung 2013 erst so richtig in Schwung brachte. Er überzeugte das Nationale Olympische Komitee (USOC) Anfang Januar mit seiner Redegewandtheit davon, dass Boston der richtige US-Bewerber sei und nicht Washington, San Francisco oder das favorisierte Los Angeles.
Bei der Mehrheit der Bostonians ist Fish dennoch gescheitert. Der 55-Jährige konnte sie bislang nicht davon überzeugen, dass die Spiele tatsächlich ohne Steuergelder finanzierbar sind. Ob sich nun etwas ändert, wenn ein Businessman durch den nächsten reichen Businessman ersetzt wird, muss sich zeigen. Pagliuca, der eher als Strippenzieher im Hintergrund gilt, ist in Boston durch seine Verbindung zu den Celtics weitaus bekannter, als es Fish jemals war.
„Steve glaubt, dass diese Sommerspiele eine reale Chance haben, Boston bezahlbaren Wohnraum, Jobs und Infrastruktur zu bieten. Er sieht dies als mögliche großartige Sache für Boston - und das treibt ihn an“, sagt Wyc Grousbeck, der mit Pagliuca 2003 die Celtics zum damaligen NBA-Rekordpreis von 360 Millionen Dollar kaufte.
Richard Pound, der ehemalige Vorsitzende der Welt-Anti-Doping-Agentur und frühere Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees, brachte noch einen Namen ins Gespräch: Mitt Romney. Der einstige republikanische Präsidentschaftskandidat war bereits als Gouverneur von Massachusetts tätig. Und er machte sich als OK-Geschäftsführer der Winterspiele 2002 in Salt Lake City einen Namen.
„Du brauchst einen attraktiven Anführer, der die Vision deutlich rüberbringen und die Leute hier hinter sich vereinen kann, damit sie sagen: 'Jawohl, wir können das'“, betonte Pound und forderte: „Holt Mitt Romney zurück!“ Von Romney selbst war bislang noch nichts zu hören. Sollte der 68-Jährige jedoch eine Funktion bei Boston 2024 übernehmen, würde er dort auf jenen Mann treffen, den er einst bei Bain Capital als einen der ersten eingestellt hat: Steve Pagliuca.