Britta Heidemann: Die Vorzeigefrau des Sports

Britta Heidemann holte in London die erste Medaille für Deutschland. Vor dem Erfolg erlebte sie eine Berg- und Talfahrt.

London. Das Gesicht des deutschen Fechtsports ist sie spätestens seit ihrem Olympiasieg in Peking, seit Dienstagnacht ist sie ein Gesicht des olympischen Sports. Es war ein an Dramatik nicht zu überbietender Abend, Fechten in seiner spannendsten Form. Im Finale hatte Britta Heidemann gegen die Ukrainerin Yana Shemyakina einen 3:5- und 4:6-Rückstand aufgeholt.

8:8 stand es nach der regulären Zeit, es ging für die Deutsche in den dritten „sudden death“ des Tages, ein Drama olympischer Dimension. Beim ersten eigenen Angriff lief sie in einen Konter zum 8:9. Silber, Britta Heidemann war enttäuscht, bitter enttäuscht, unfähig zu einer Reaktion.

24 Stunden später ist sie „sehr zufrieden mit Silber“. Es ist die Geschichte dieser Spiele. Britta Heidemann ist 29 Jahre alt, nach dem Gold von Peking nun Silber in London. Der Konter im Finale — kein Thema mehr. „Ich bin sehr zufrieden damit, dass ich aktiv geworden bin, mich der Herausforderung gestellt habe. Vielleicht war ich übermotiviert.“ Aber sie denkt nicht mehr darüber nach, Gold verloren zu haben. Nach einer Berg- und Talfahrt im Vorfeld qualifizierte sie sich erst über die Mannschaftswertung im April.

In Athen 2004 ist sie mit großen Augen durch die olympische Welt gelaufen, vier Jahre später ist sie auf dem Olymp und 2012 fast wieder ganz oben. Aber dieses Silber ist ein großer persönlicher Sieg. „Erfolg ist eine Frage der Haltung“ heißt ihr Buch, vermutlich wird es sich nach London besser verkaufen. Die Frage nach dem Karriereende lässt die Degenfechterin offen. Erst einmal gibt es noch den Mannschaftswettbewerb, „dann werde ich über die Zukunft nachdenken“.

Sie weiß sich zu präsentieren, vielleicht ist sie schon jetzt die Vorzeigefrau des deutschen Sports. Als der Bundespräsident im Deutschen Haus weilte, saß sie auf Wunsch des deutschen Sport-Chefs Thomas Bach neben Joachim Gauck. Sie kann mit den Mächtigen aus Politik, Sport und Wirtschaft. Unternehmensberaterin ist sie, im Fernsehen ist sie präsent, sie hält Vorträge: „Ich habe schon immer gerne viele Dinge parallel gemacht, das macht mir Spaß.“ Die Kölnerin besitzt Charme und Herzlichkeit, als Spitzensportlerin besitzt sie den Ehrgeiz, den man braucht, wenn man nach oben will.

Sie hat eine Geschichte, die sie prägt. Als die China-Liebhaberin mit Gold aus Peking zurückkehrte, beschäftigte sie sich intensiv mit den schönen Seiten des Lebens. Der Sport wurde ihr ferner. Erst als sich Olympia ankündigte, griff sie wieder an. Gabor Salomon brachte sie auf den Weg, sie bedankte sich auch am Dienstag bei ihrem ersten Fechtmeister für seine Lektionen. „Nach der Qualifikation im allerletzten Moment hatte ich auf einmal wieder ungeheure Lust auf Training, auf die Vorbereitung.“