Chemiker und Sportler: Russlands Ex-Dopingchef Rodschenkow
Moskau (dpa) - Der promovierte Chemiker Grigori Rodschenkow (57) ist einer der größten russischen Spezialisten für Doping. Er scheint seine Kenntnisse in beide Richtungen genutzt zu haben.
Neun Jahre von 2006 bis 2015 war er Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors. Zugleich hat er nach eigenem Bekenntnis ein Programm zur verbotenen chemischen Leistungssteigerung bei russischen Sportlern geleitet.
Rodschenkow wurde 1958 in Moskau geboren. In seiner Jugend war er selbst Leichtathlet und bekam den Ehrentitel Meister des Sports der Sowjetunion verliehen. Nach dem Chemiestudium an der Staatlichen Moskauer Universität begann er 1985 im Moskauer Anti-Doping-Zentrum zu arbeiten. Später wechselte er in die Privatwirtschaft, arbeitete für Computer- und Energiefirmen.
2013 erhielt Rodschenkows Schwester Marina, dreifache Weltmeisterin im Cross- und Straßenlauf, anderthalb Jahre Haftstrafe wegen des Verkaufs von Dopingmitteln. Die Strafe wurde später zur Bewährung ausgesetzt. Aber auch der Bruder als Laborchef fürchtete, ins Gefängnis zu müssen. Doch ihm geschah nichts, auch wenn Sportminister Witali Mutko wieder einmal eine Politik von null Toleranz gegen Doping verkündet hatte.
Vermutlich sei er mit Blick auf die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi verschont worden, sagt Rodschenkow jetzt. Als eine Untersuchungskommission der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA im November 2015 Rodschenkow vorwarf, mehr als 1400 Proben vernichtet zu haben, musste er seinen Posten als Laborleiter räumen. Im Januar 2016 reiste er nach Los Angeles aus, weil er in Russland angeblich um sein Leben fürchtete.