Geheimdienste und Armee sichern Olympia in Sotschi

Sotschi (dpa) - Die Terrorangst im Olympia-Ort Sotschi sitzt vor Eröffnung des Weltsportereignisses tief. Heerscharen von Sicherheitskräften sind in Stellung. Sie sollen in dem Schwarzmeerkurort und in den Gebirgsregionen Sportlern und Gästen friedliche Winterspiele unter Palmen garantieren.

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Doch die Drohungen von Terroristen, das Ringe-Spektakel zu verhindern, hinterlassen Spuren. Am Eingang zum Olympiapark, an Bahnhöfen, Sportanlagen und Hotels gibt es sie, Sicherheitskräfte en masse, aber auch Geräte wie Nacktscanner und Rahmen mit Metalldetektoren. Die US-Regierung hat zwei Kriegsschiffe ins Schwarze Meer geschickt für den Fall der Fälle.

Nicht erst seit den Drohungen des islamistischen Terroristenführers Doku Umarow, Olympia mit „allen Mitteln, die Allah erlaubt“, zu verhindern, herrscht in dem russischen Kurort Alarmstimmung. Nach den beiden Terroranschlägen in Wolgograd Ende Dezember mit mehr als 30 Toten bekannten sich nun Selbstmordattentäter in einem Video zu den Bluttaten. Und sie bestätigten, dass Sotschi Terror-Ziel sei.

„Wir haben im Moment keine aktuelle Bedrohungslage“, sagte vor der Eröffnungsfeier am Freitag im Fischt-Stadion am Schwarzen Meer Sicherheitschef Alexej Lawrischew. „Die Lage ist unter Kontrolle“, betonte er. Zu den Terrordrohungen von Islamisten sagte er, dass auch die Geheimdienste anderer Länder, die in Sotschi arbeiten, keine akute Gefahr sähen. Insgesamt seien 40 000 Sicherheitskräfte von 30 Sicherheitsdiensten im Einsatz. Teils sind Athleten gehalten, sich nicht außerhalb der Sicherheitszonen zu bewegen.

Dass Kremlchef Wladimir Putin die Spiele ausgerechnet in die Nachbarschaft von Russlands Konfliktgebiet Nordkaukasus gelegt hat, stößt manchem Gast aus dem Westen hier in Sotschi bitter auf. In Russlands Krisenregion kämpfen radikale Islamisten um einen von Moskau unabhängigen Gottesstaat. Sie setzen Autobomben ein - und immer wieder auch Selbstmordattentäter mit Sprenggürtel. Schon oft haben diese Terroristen und Schwarze Witwen Blutbäder im russischen Kernland angerichtet.

Auch das Bundeskriminalamt ist mit Experten in Sotschi vertreten und hat Sicherheitshinweise für die deutsche Delegation herausgegeben. Um ein Olympia-Attentat zu verhindern, bietet Gastgeber Putin, der selbst einst den Inlandsgeheimdienst FSB führte, einiges auf. An der Küste sind auch U-Boote und Helikopter ständig einsatzbereit. Drohnen und Abwehrraketensysteme des Typs Panzir-S schützen den Luftraum.

„Wir werden den Luftraum, das Meeresgebiet und die Bergregionen sichern. Ich hoffe, dass das auf eine Weise organisiert wird, dass es nicht ins Auge fällt“, sagte Putin unlängst in einem Fernsehinterview. Es solle aber keinen Druck auf Olympia-Teilnehmer geben. Die jüngsten Anschläge von Wolgograd dürften Sotschi nicht gefährden.

Mit seinem technischen System SORM will der FSB Experten zufolge nicht nur Mobilfunktelefonate und E-Mails überwachen, sondern auch Internetprogramme zum Austausch von Nachrichten (Messengerdienste) und Chats. Zudem sollen allein 5500 Kameras zur Videoüberwachung dienen. Sicherheitsdienste planen Medien zufolge den Einsatz von Ortungssystemen, die fremde U-Boote lokalisieren und so Angriffe vom Meer verhindern könnten.

Kommentatoren sprechen zwar von der „Festung Sotschi“ - doch Experten betonen auch, dass es die totale Sicherheit nicht gebe. Der frühere Sicherheitsoffizier Anatoli Jermolin zieht in der kremlkritische Zeitschrift „The New Times“ eine nüchterne Bilanz. Es gebe zwar viel uniformiertes Personal, die mit ihren oft übertriebenen Kontrollen und dem Einbehalten von Getränken und anderen Flüssigkeiten ein Gefühl der Sicherheit geben wollten. Doch Lücken gebe es jede Menge, betont er in seiner Olympia-Analyse.

Vor allem abseits der kontrollierten Bahnhöfe sieht er Züge auf den Bahnstrecken sowie Lokale und Plätze in der belebten Innenstadt von Sotschi als mögliche Anschlagsziele. Müllhalden, wo aus Jermolins Sicht Terroristen Sprengstoff und Ausrüstung gelagert haben könnten, seien unbewacht. An vielen Stellen könne heute kluge Ingenieurstechnik einen besseren Schutz gewährleisten. „Aber, wie es schon so oft in unserer Geschichte war, sind die Profis einfach völlig machtlos gegen die Interessen von Politik und Wirtschaft“, meint der Experte.