Bei Olympia und WM Gewinner von 300 Langlauf-Medaillen unter Dopingverdacht
Pyeongchang (dpa) - Kurz vor den Winterspielen in Pyeongchang haben Enthüllungen über dopingverdächtige Blutwerte von Ski-Langläufern, die in den vergangenen 16 Jahren insgesamt 313 Medaillen bei Olympia und Weltmeisterschaften gewonnen haben, für Unruhe gesorgt.
Dies ist fast die Hälfte aller Langlauf-Medaillen, die bei diesen Titelkämpfen zwischen 2001 und 2017 vergeben wurden. Das berichteten die ARD-Dopingredaktion, die „Sunday Times“, das schwedische Fernsehen SVT und das Schweizer Digitalmagazin republik.ch am Sonntag.
Dem Rechercheverbund war von einem Whistleblower eine Datenbank mit rund 10 000 Bluttests von fast 2000 Wintersportlern zugespielt worden, die diese ungewöhnliche Häufigkeit verdächtiger Blutwerte dokumentieren soll. Experten zufolge liegt laut einer ARD-Mitteilung die Wahrscheinlichkeit einer anderen Ursache als Doping für derartige Werte unter Topathleten bei lediglich einem Prozent.
Die Daten zeigten zudem, dass mehr als 50 Ski-Langläufer auf der Qualifikationsliste für die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang bei Bluttests auffällige Werte aufwiesen, die nahelegten, dass sie in der Vergangenheit betrogen haben könnten und ohne Sanktion davongekommen seien.
Die größte Anzahl an Athleten mit verdächtigen Werten stamme aus Russland. Darunter sollen Langläufer des Landes sein, die allein 60 Medaillen holten. Loipen-Stars aus Norwegen, Deutschland, Schweden und Italien, die mutmaßlich manipuliert haben, werden mehr als 100 Medaillengewinne zugeschrieben.
Franz Steinle zeigte sich als Präsident des Deutschen Ski-Verbandes verwundert über die Anschuldigungen. „Ich betone, dass wir einer der Vorreiter im Anti-Doping-Kampf sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendetwas Unregelmäßiges vorgefallen sein soll“, sagte Steinle. Generell könne er nicht viel dazu sagen, da es keinerlei Namen und keinerlei Werte gebe. Auch sei nicht bekannt, in welcher Zeit dies passiert sein soll.
Der Deutsche Olympische Sportbund wollte zunächst keine Stellungnahme dazu abgeben. „Wir brauchen noch mehr Informationen“, sagte DOSB-Sprecherin Ulrike Spitz.
„Es gibt eine beachtliche Zahl von Medaillengewinnern mit ungewöhnlichen oder höchst ungewöhnlichen Blutprofilen“, sagte der US-Arzt James Stray-Gunderson der ARD. „Das deutet auf beachtliche Verbreitung von Doping im Ski-Langlauf hin.“