Moderne Fünfkämpfer kämpfen ums olympische Überleben
Berlin (dpa) - Klaus Schormann ist ein erfahrener Überlebenskämpfer: „Ohne Olympia könnte der Moderne Fünfkampf nicht überleben. Schicken Sie ihn nicht in das olympische Museum.“
Diesen flammenden Appell hatte der Präsident des Internationalen Verbandes für Modernen Fünfkampf (UIPM) 2002 in Mexiko-Stadt an die IOC-Vollversammlung gerichtet. Und siehe da, der Moderne Fünfkampf überlebte, und das mit Bestimmtheit bis zu den Sommerspielen 2016 in Rio.
Doch die olympischste der olympischen Sportarten steht erneut auf der Kippe. Eine der 26 London-Sportarten soll aus dem Programm für die Spiele 2020 genommen - die 15-köpfige Exekutive des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) wird bei ihrer Sitzung an diesem Dienstag in Lausanne entscheiden welche. Für den Modernen Fünfkampf sieht es nach dpa-Informationen sehr schlecht aus.
Die Ringe-Regierung stützt sich in ihren Diskussionen auf eine detaillierte Untersuchung der IOC-Programm-Kommission, die alle olympischen Sommersportarten bewertete. Der Bericht analysierte 39 Kriterien wie TV-Quoten, Zuschauerzahlen, Ticketverkäufe, Mitgliederzahlen, Universalität und Attraktivität bei Jugendlichen. Die Modernen Fünfkämpfer sollen in zahlreichen Rubriken niedrige Werte bekommen haben. Die IOC-Vollversammlung muss im September in Buenos Aires entscheiden, welche Sportart dafür nachrückt.
Die gestrichene Sportart darf sich mit den sieben olympischen Ersatzkandidaten (Baseball/Softball, Klettern, Karate, Rollschuhsport, Squash, Wakeboarden, Wushu) wenigstens zur Abstimmung stellen - kann aber kaum mit einer unmittelbaren Wiederaufnahme ins Programm rechnen. „Wenn man uns aus Olympia entfernt, dann zerstört man das Vermächtnis von Pierre de Coubertin“, sagt Schormann.
Für den Pädagogen aus Darmstadt wäre es ein Sakrileg, sollte seine Sportart ausgerechnet im Jahr des 150. Geburtstags des französischen Neubegründers der Olympischer Spiele aussortiert werden. Coubertin hat den Modernen Fünfkampf als Inbegriff des Olympismus bezeichnet, seit 1912 ist der Pentathlon Teil der Sommerspiele. Nun steht er für Olympia 2020 neben Taekwondo wieder ernsthaft zur Disposition. Mit den Haupteinwänden: nicht medienwirksam genug, zu wenig weltweit verwurzelt und aus eigener finanzieller Kraft nicht überlebensfähig.
Die letzte umfassende Untersuchung des IOC wies 2005 aus, dass Schormanns Verband zu 72 Prozent vom IOC finanziert wird. Für die Teilnahme an den Spielen in London darf die UIPM ein Honorar von knapp 14 Millionen Dollar erwarten. Dabei hat der rührige Schormann, der auch dem nationalen Verband vorsteht, viel versucht, um die Sportart attraktiver und in seiner Organisation kostengünstiger zu machen.
So gesehen ist der Moderne Fünfkampf eine der modernsten Sportarten. Aus dem Fünf-Tage-Wettbewerb aus Fechten, Schwimmen, Reiten, Schießen und Laufen wurde 1984 zuerst ein Vier-Tage-Event. Seit 1996 in Atlanta sind die Disziplinen sogar auf einen Tag konzentriert. Bei den Spielen im vergangenen Jahr in London hat Schormann Laufen und Schießen nach Biathlon-Vorbild zu einer Disziplin verschmolzen, geschossen wurde erstmals aus Laser-Pistolen.
Rechtzeitig vor den anstehenden IOC-Entscheidungen hat Schormann vor wenigen Tagen in einem Offenen Brief nicht ganz unbescheiden eine „revolutionäre Innovation“ angekündigt. Das Fechten soll erstmals im K.o.-System abgewickelt werden, der Rettungsplan kommt in den Zahlen 5, 5, 1, 1 daher: Fünf Disziplinen in fünf Stunden mit einem Ticket für einen Sitzplatz.
So ist es für 2016 in Rio in einem Fußball-Stadion geplant, das dann kostengünstig für einen Tag in eine „Pentathlon-Arena“ verwandelt werden soll. IOC-Vizepräsident Thomas Bach sagt: „Alles ist vollkommen offen“, doch wie immer, wenn Sportarten um ihre Existenz kämpfen, werde es „sehr lebhaft“ zugehen.