Olympia-Athleten blenden Angst vor Terror aus
Düsseldorf (dpa) - Die Terrorgefahr bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi lässt die deutschen Athleten weder kalt noch vor Angst erstarren. „Wir fahren dorthin, um Wettkämpfe zu absolvieren.
Für Sicherheitsfragen sind andere zuständig“, sagt Eric Frenzel.
Der Weltmeister von 2011 und 2013 in der Nordischen Kombination erklärt gut eine Woche vor der Eröffnungsfeier: „Wenn wir Athleten uns damit beschäftigen, sind wir fehl am Platz.“
Ähnlich sieht es Disziplin-Kollege Johannes Rydzek: „Schön ist es trotzdem nicht, was da an Terrordrohungen losgelassen wurde. Klar nimmt man das wahr, versucht es aber auszublenden.“ Mit einer Portion Fatalismus blickt Arnd Peiffer den Sotschi-Spielen entgegen. „Ich glaube, wenn jemand wirklich plant, eine größere Gruppe, die nicht ganz blöd ist, etwas zu machen, dann wird es schwierig, das zu verhindern“, sagt der Sprint-Weltmeister von 2011 im Biathlon. „Deswegen darf man nicht all zu sehr in Angst leben, weil man es eh nicht verhindern kann.“ Sein Staffel-Partner Erik Lesser gibt hingegen zu: „Ein mulmiges Gefühl bleibt trotzdem.“
Nicht ganz wohl ist auch Rodel-Weltmeisterin und Gold-Favoritin Natalie Geisenberger vor der Abreise. „Man denkt natürlich schon etwas nach“, gibt sie zu. „Im ersten Moment ist es für einen Sportler nicht schön zu wissen, dass man da hin muss.“ Volles Vertrauen in die russischen Gastgeber hat indes Skisprung-Debütantin Katharina Althaus: „Ich denke, dass die alle sehr aufpassen.“
Ebenso glaubt Doppel-Olympiasiegerin Maria Höfl-Riesch, nicht in Gefahr zu geraten. „Wir sind im olympischen Dorf untergebracht, da sollte es in Sachen Sicherheit keine Probleme geben“, sagt die Skirennläuferin und findet Zustimmung bei Slalom-Routinier Felix Neureuther. „Es wäre eine Riesentragödie, wenn etwas passieren sollte“, sagt er. „Aber bei einem bin ich mir absolut sicher: Dass dort alles unternommen wird, um die Sicherheit zu gewährleisten.“
Keine Sorgen macht sich auch Claudia Pechstein. „Zwischenfälle können überall auf der Welt passieren“, sagt die fünfmalige Eisschnelllauf-Olympiasiegerin. Sie bildet mit den Rodlern die Vorhut des 152 Sportler großen deutschen Aufgebots und bezieht bereits am Donnerstag Quartier im olympischen Dorf. „Ich habe 2002 Olympia in Salt Lake City nach dem Anschlag in New York am 11. September 2001 erlebt.“ Dort habe es Sicherheitsvorkehrungen wie nirgendwo zuvor gegeben. „Das wird auch in Russland nicht anders werden. Sotschi ist während Olympia der sicherste Ort der Welt“, erwartet die 41-Jährige.
Auch Biathlon-Ass Andrea Henkel und Eishockey-Nationalspielerin Maritta Becker sind geprägt von den Winterspielen 2002. „Nach den Anschlägen von Nine-Eleven waren die Sicherheitsbedenken größer“, erinnert sich Henkel, die Doppel-Olympiasiegerin von Salt Lake City, und fügt an: „Man kann vieles an Russland kritisieren, aber Terror ist kein geeignetes Mittel.“ Puckjägerin Becker reist zwar mit einem „unguten Gefühl“ zu den Spielen ans Schwarze Meer, fürchtet sich jedoch nicht. „Ich denke, in Sotschi wird die Sicherheit noch eine Stufe höher sein als 2002“, sagt die 32 Jahre alte Ingolstädterin.
Dass Olympische Spiele für politische Zwecke und Terror missbraucht werden, verurteilt Claudia Bokel. „Es ist absolut falsch, Olympische Spiele für so etwas zu nutzen. Sie sind für mich ein Friedensfest, bei dem Sportler aller Nationen zusammen Sport treiben wollen“, sagt die Vorsitzende der Athletenkommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). „Ich freue mich aber, dass es nun langsam in Sotschi losgeht. Ich habe keine Angst, dort hinzufliegen.“
Auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) nimmt die Anschlagsdrohungen ernst. „Wir werden unser Team mit den entsprechenden Anleitungen vorbereiten und die Athleten sowie Betreuer sensibilisieren, wo sie sich bewegen dürfen und wo nicht“, sagt DOSB-Präsident Alfons Hörmann. Sein Nachfolger als Chef des Deutschen Skiverbandes, Franz Steinle, versichert jedoch: „Die Sicherheitsfrage ist nicht das beherrschende Thema in der Mannschaft.“
Der stellvertretende Chef de Mission, Bernhard Schwank, der seit Tagen vor Ort die Ankunft der deutschen Athleten in Sotschi vorbereitet, berichtet zwar von strengen Kontrollen, konnte bisher aber kein „übertriebenes Sicherheitsaufkommen“ in der Olympia-Stadt feststellen. „Ich sehe da keinen Unterschied zu den Sommerspielen in London“, sagt Schwank.