Olympia-Einkleidung: Anziehen, ausprobieren, mitnehmen
Hannover (dpa) - In der Sporthalle der Emmich-Cambrai-Kaserne in Hannover herrscht entspannte Shopping-Atmosphäre. Die deutschen Spitzensportler fühlen sich bei der Olympia-Einkleidung wie in einem großen Kaufhaus.
„So einen Einkaufswagen hatte ich noch nie“, scherzt Britta Heidemann. Die Fecht-Olympiasiegerin hat sich zwar nicht für Rio qualifiziert, ist aber dennoch dabei. „Ich kandidiere für die Wahl zur IOC-Athletenkommission. Da möchte ich auch im olympischen Dorf bei der deutschen Mannschaft wohnen“, sagt Heidemann.
Sie schiebt wie die Wasserspringer und Sportschützen ihren olivgrünen Wagen von Stand zu Stand. Zwei rote Koffer, die jeder Rio-Fahrer erhält, bilden einen leuchtenden Kontrast zum tarnfarbenen Warentransporter. In dem kommen auch noch Taschen, Rucksack sowie zahlreiche Schuhe, Hosen und Jacken - fein säuberlich getrennt für An- und Abreise, Begrüßungszeremonie im Olympischen Dorf, Eröffnungsfeier und Siegerehrung, Wettkampf und Training, sowie für Pressetermine.
„Die Einkleidung ist der Tag, an dem jedem bewusst wird, dass es bald los geht“, sagt Alfons Hörmann. Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) ist sichtlich gut gelaunt. Am Vortag konnte er den Zwist mit einigen Mitgliedsverbänden über die Neuausrichtung des deutschen Sports nach Rio beilegen. Nun schließt er sich der allgemeinen Zuversicht an. „Ich halte 44 Medaillen für ein ambitioniertes Ziel“, lautet sein sportlicher Ausblick für die Spiele vom 6. bis 21. August.
Ebenso wie der DOSB-Chef wechseln der Vorstandsvorsitzende Michael Vesper, Leistungssport-Vorstand Dirk Schimmelpfennig oder Athleten wie die Marathon-Zwillinge Anna und Lisa Hahner mehrmals die Kleider. Anprobieren gehört dazu, und wenn die vier Kabinen besetzt sind, auch außerhalb im Gang. „Größe acht, das passt“, ruft Schimmelpfennig. Der frühere Sportdirektor des Deutschen Tischtennis-Bundes hat noch immer ein Auge auf Timo Boll und Co.
„Die Tischtennisspieler zählten am Montag zu den Ersten, die hier waren. In den nächsten zwei Wochen müssen alle Olympiateilnehmer, egal ob Sportler, Trainer, Betreuer oder Ärzte, zur Einkleidung nach Hannover kommen, erläutert Schimmelpfennig. Den meisten Olympia-Teilnehmern gefällt das Outfit, für das es sogar einen Leitfaden gibt. „Super, mein Lieblingsstück ist das weiße Sweatshirt“, sagt Lisa Hahner, die mit Schwester Anna und Britta Heidemann auch ein Foto-Shooting veranstaltet.
„Chic und sportlich zugleich. Das gefällt mir“, pflichtet ihr Handball-Europameister Kai Häfner bei. Der Lokalmatador von Hannover-Burgdorf und sein Magdeburger Kollege Finn Lemke gehen bei der Shopping-Tour vergleichsweise leer aus. Sie müssen sich mit einem T-Shirt und einem Kapuzenpulli begnügen, weil die Handballer ihr Olympia-Team noch nicht endgültig nominiert haben. „Ich hätte nichts dagegen, wenn ich noch mal in die Kaserne mus“, sagt Häfner.