Olympia soll Wintersport in Sotschi fördern
Sotschi (dpa) - Kaukasus statt Alpen: Mit den Olympischen Spielen in Sotschi will Russland auch den Wintersport in der Region ankurbeln. Schneebedeckte Berge und palmengesäumte Strände nah beieinander - schon seit langem gilt das Gebiet am Schwarzen Meer als Erholungsgebiet.
Hunderttausende verbringen hier ihre Sommerferien oder reisen zur Kur in eines der prächtigen Thermalbäder. Das subtropische Klima, dank dem auch im Winter an der Küste meist milde Temperaturen herrschen, zog bereits zu Sowjetzeiten die Urlauber an.
Seit damals verfügt auch jeder Kremlchef hier über eine offizielle Residenz. Im Sommer 2009 traf sich der damalige Staatschef Dmitri Medwedew mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Nun ist Präsident Wladimir Putin häufig in „Botscharow Rutschej“ zu Besuch - und der Hobbysportler lässt sich regelmäßig auf den Pisten blicken. Erst vor kurzem nahm Putin persönlich die Vorbereitungen in Augenschein. „Totale Kontrolle“ kündigte er an.
Skitouristen aber sind noch äußerst selten. Mit riesigem Aufwand baut Olympia-Gastgeber Russland deshalb nun an einem modernen Skigebiet. Mehr als eine Milliarde Euro haben vor allem Staatskonzerne und kremlnahe Oligarchen allein in die Entwicklung von „Rosa Khutor“ gesteckt. Hinzu kommen die Kosten für die anspruchsvolle Straße hierher in die Berge vom rund 40 Kilometer entlegenen Sotschi durch mehrere Tunnel.
In „Rosa Khutor“, nahe des Bergstädtchens Krasnaja Poljana, finden während der Olympischen WinterSpiele die Ski-Alpin-Wettbewerbe statt. Und hier entsteht ein Resort, das die Macher schon jetzt mit klangvollen Skigebieten in Österreich, Italien und Frankreich vergleichen. „In Krasnaja Poljana bauen wir unser eigenes Courchevel“, kündigte der milliardenschwere Unternehmer Wladimir Potanin selbstbewusst an. Der Oligarch soll den Bau mehrerer Nobelhotels aus seiner Privatschatulle finanziert haben - auf sanften Druck Putins, heißt es in Moskau.
Aber trotz aller Investitionen: Auf Knopfdruck wird das neue Skiparadies im Kaukasus wohl kaum die gewachsenen Wintersportorte in den Alpen ersetzen. Dorthin zieht es im Winter auch immer mehr Russen. Der Weg ist von Moskau oder St. Petersburg aus ähnlich weit wie ans Schwarze Meer. Service, Angebote und Infrastruktur sind aber in der Regel in Seefeld, Lech oder Bormio günstiger und qualitativ besser als an der oft noch sowjetisch geprägten „Russischen Riviera“.
In Sotschi soll nun eine neue Umgehungsstrecke die chronisch verstopften Straßen der 340-000-Einwohner-Stadt entlasten. Vom Flughafen im Stadtteil Adler fährt eine neue Bahnlinie ins Zentrum, überfüllte Busse oder teure Taxis benötigten zu Hauptverkehrszeiten bisher mehr als eine Stunde. Aber die neue Strecke gilt nur als erster Schritt im Kampf um Wintersportler.
Richtig schwierig dürfte es nach Ansicht von Experten vor allem werden, westliche Skitouristen in den Kaukasus zu locken. Direktflüge etwa aus Deutschland soll es zwar während der Olympischen Spiele geben. Ansonsten gibt es aber nur Verbindungen über Moskau, die aber aufgrund der hohen Flugpreise in Russland zudem recht teuer sind. Hinzu kommen bürokratische Probleme wie die aufwendige Visumsbeschaffung - und nicht zuletzt bei vielen die Angst vor Terroristen aus dem nur wenige Hundert Kilometer entfernten Konfliktgebiet Nordkaukasus.
Ein weiteres Hindernis ist die Sprache: Trotz eines groß angekündigten Englisch-Programms für Taxifahrer oder Polizisten spricht kaum ein Einwohner eine Fremdsprache. Schon werden Stimmen laut, das die Gegend um Sotschi in erster Linie ein Feriengebiet für Russen bleiben solle.