Deutsche Asse hoffen auf Medaillenglanz
Frankfurt/Main (dpa) - Unbeeindruckt von politischen Diskussionen und Terrorgefahr wollen die deutschen Ski- und Kufen-Asse bei der umstrittenen Premiere von Olympischen Winterspielen unter Palmen für reichlich Medaillenglanz sorgen.
Wie in Vancouver vor vier Jahren soll Deutschland auch bei den Milliarden-Spielen in Sotschi vom 7. bis 23. Februar zu den besten drei Nationen gehören. „Unser Ziel sind wieder mindestens 30 Medaillen plus 1. Wir wollen in der Nationenwertung auf dem Treppchen landen“, verkündete Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und Chef de Mission.
Mit Gesamtkosten von rund 37,5 Milliarden Euro wird das 17-tägige Spektakel auf Eis und Schnee das teuerste in der Geschichte der Winterspiele sein. Was für Russlands Präsident Wladimir Putin ein Prestigeprojekt ohnegleichen ist, stößt in anderen Teilen der Welt auf Kritik. Gleich reihenweise sagten Staatsoberhäupter wie US-Präsident Barack Obama ihre Reise ans Schwarze Meer ab. Frankreich, Großbritannien und Deutschland schicken ihre Sportminister. „Ich glaube nicht, dass der Wert Olympischer Spiele davon abhängt, wie viele Politiker daran teilnehmen“, kommentierte Vesper die Absage-Welle.
Für reichlich Diskussionen sorgten im Vorfeld auch das harte Anti-Homosexuellen-Gesetz und Menschenrechtsverletzungen im Gastgeberland. Der neue DOSB-Präsident Alfons Hörmann warnte jedoch vor einer Vorverurteilung. „Natürlich gibt es zahlreiche kritikwürdige Punkte, die man ansprechen muss“, sagte er. „Wir haben im Vorfeld mit allen relevanten Gruppen - wie zum Beispiel Menschenrechtsorganisationen - dazu Gespräche geführt. Aber man sollte erst ein Urteil abgeben, wenn die Dinge ganzheitlich bewertet werden können.“
Angesichts der heftigen Kritik ist sein Vorgänger Thomas Bach in seiner neuen Funktion als Chef des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) darum bemüht, die Putin-Spiele schönzureden. Er lobte „die hervorragenden Sportstätten“ und das „ausgezeichnete Athletendorf“. Doch das IOC läuft Gefahr, für die Zwecke der russischen Gastgeber missbraucht zu werden - ähnlich wie bei den Sommerspielen 2008 in Peking.
Nach den verheerenden Terroranschlägen Ende Dezember im rund 700 Kilometer entfernten Wolgograd plädierte Bach für unpolitische Winterspiele. Sie sollten „keine Plattform für Politik oder Spaltung, sondern eine Demonstration für die Einheit in der Vielfalt und bemerkenswerte sportliche Leistungen sein“. Zugleich bekräftigte er: „Wir vertrauen darauf, dass die russischen Verantwortlichen für sichere Olympische Winterspiele für alle Athleten und Teilnehmer sorgen werden.“
Um dies zu gewährleisten, steht ein riesiges Aufgebot an Sicherheitsbeamten parat. 37 000 Polizisten und 23 000 Kräfte des Zivilschutzes werden im Einsatz sein. Vesper sieht daher keine Gefahr für Olympia: „Ungeachtet der abscheulichen Terrorakte gehen wir nach wie vor davon aus, dass die russischen Behörden die Sicherheit aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer und des Publikums in Sotschi gewährleisten“, sagte er.
Nicht in Sicherheit wiegen sollen sich dagegen potenzielle Dopingsünder. Das IOC kündigte eine Rekordzahl von Kontrollen an. Vor dem Ringe-Fest sollen insgesamt 1269 Proben genommen werden - das sind 57 Prozent mehr als 2010. Während der Sotschi-Spiele kommen noch einmal 2453 Dopingkontrollen hinzu. In Vancouver waren es 2149.
Die rund 165 Sportlerinnen und Sportler umfassende deutsche Mannschaft will sich auf den Sport konzentrieren und an das Vancouver-Ergebnis anknüpfen. „Das wird sicher nicht leicht, aber wir werden hart dafür kämpfen“, versicherte Vesper. Vor vier Jahren hatte Gastgeber Kanada im Medaillenspiegel mit 26 Mal Edelmetall (14/7/5) vor Deutschland (30 - 10/13/7) und den USA (37 - 9/15/13) gelegen. „Es ist ein sehr ambitioniertes und ehrgeiziges Vorhaben. Aber unsere Verbände sind hervorragend aufgestellt und die Athleten top motiviert“, sagte Vesper.
Zu den größten Gold-Hoffnungen in den insgesamt 98 Entscheidungen zählen die Rodler um Olympiasieger Felix Loch und Ausnahmekönner wie die alpine Skirennläuferin Maria Höfl-Riesch, der Nordische Kombinierer Eric Frenzel oder die Paar-Weltmeister im Eiskunstlauf, Aljona Savchenko und Robin Szolkowy.
Die Fans in der Heimat können die Auftritte der deutschen Wintersport-Asse fast rund um die Uhr mitverfolgen. ARD und ZDF berichten aus Sotschi etwa 740 Stunden, davon 500 Stunden im Internet, und damit so umfangreich wie nie zuvor. Die Sender wollen auch kritisch über die Begleitumstände berichten, doch im Mittelpunkt sollen die Athleten stehen: „Das ist ein Sportereignis. Wir wollen den Zuschauern Freude machen“, sagte ZDF-Chefredakteur Peter Frey.