Phelps zum fünften Mal bei Olympia
Omaha (dpa) — Als er im Ziel war und amerikanische Schwimm-Geschichte geschrieben hatte, gab sich Michael Phelps ganz cool. Kein aufgerissener Mund, keine geballte Faust und auch kein Aufschrei.
Nach seinem Sieg bei den US-Meisterschaften über die 200 Meter Schmetterling in Omaha/Nebraska und der damit verbundenen Qualifikation für die Sommerspiele in Rio glitt Phelps ganz gelassen durch das Wasser.
Er hob lediglich die Hand, so dass alle seine fünf Finger sehen konnten. Einen Tag vor seinem 31. Geburtstag hat Phelps die Reise nach Rio soeben gebucht. Als erster US-Schwimmer startet der 18-malige Olympiasieger zum fünften Mal bei den Spielen.
„Das waren meine letzten 200 Meter Schmetterling auf amerikanischem Boden. Und nach alldem, was passiert ist, war dies wohl das härteste Rennen meines Lebens“, meinte Phelps. Es war sein erster Titel im Beisein von Sohn Boomer. Das sieben Wochen alte Baby war in den Armen seiner Mutter Nicole Johnson und trug dicke Ohrenschützer. „Es sah so aus, als wäre Boomer während des Rennens wach gewesen“, meinte Phelps grinsend.
Auf dem Weg in die Mixed-Zone schrieb er, wie alle Rio-Reisenden, seinen Namen auf einen riesigen Flip-Flop in den brasilianischen Nationalfarben. Als 15 Jahre alter Schlaks gab Phelps 2000 in Sydney über die 200 Meter Schmetterling sein Olympia-Debüt. Als Vater, Verlobter und viel umjubelter Superstar will er in Rio seine einzigartige Rekordkarriere nun ausklingen lassen. „Im Stande zu sein, die Sache so zu Ende zu bringen, wie ich es möchte, ist mir ganz wichtig“, so Phelps.
Nachdem er im Anschluss an die Spiele von London 2012 seine Laufbahn bereits für beendet erklärt hatte, fiel der Rekord-Olympiasieger in ein Loch. Der Tiefpunkt war eine Alkoholfahrt mit überhöhter Geschwindigkeit im Herbst 2014. Phelps wurde zu anderthalb Jahren auf Bewährung verurteilt und verbrachte 45 Tage in einer Entzugsklinik.
Durch professionelle Hilfe und Einsicht fand er langsam den Weg aus der Krise. Er schwimmt jetzt, weil er es will, und nicht weil es in Sponsoren-Verträgen so vereinbart wurde. Phelps betont, im Vorfeld der nationalen Titelkämpfe so hart trainiert zu haben, „wie wohl seit zehn Jahren nicht mehr.“
Denn in Rio will er es allen noch einmal zeigen. Den Grundstein dafür hat Phelps nun gelegt. Bei den knallharten US-Trials zählen keine Medaillen und Meriten der Vergangenheit, sondern nur das Ergebnis. Die beiden ersten auf jeder Strecke starten bei Olympia, alle anderen schauen zu.
Über die 200 Meter Schmetterling setzte sich der zweimalige Olympiasieger und Weltrekordhalter früh ab, hatte zwischendurch eine Länge Vorsprung, musste aber auf der Schlussbahn kämpfen, um die Attacke von Tom Shields abzuwehren. Seine Zeit von 1:54,84 Minuten war nebensächlich. Nach der Siegerehrung ging Phelps hinüber zu seiner Nicole, gab ihr und Boomer einen Kuss.
Während Phelps im Stillen genoss, konnte Missy Franklin ihre Freude nicht zurückhalten. Nachdem sie tags zuvor als Olympiasiegerin über 100 Meter Rücken nur Siebte geworden war, schlug die viermalige Goldmedaillen-Gewinnerin von London über die 200 Meter als Zweite (1:56,18) hinter Weltmeisterin Katie Ledecky (1:54,88) an. „Das war wahrscheinlich das Rennen meiner Karriere, auf das ich am meisten stolz bin. Mein erstes Ziel war es, mir den Staffelplatz zu sichern, dass ich nun neben Katie im Einzelrennen starte, bedeutet die Welt für mich“, sagte Franklin.