Reporterorganisationen kritisieren Russland und IOC
New York (dpa) - Eineinhalb Wochen vor Beginn der Olympischen Winterspiele in Sotschi mehrt sich die Kritik an den Gastgebern. Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) geißelte fehlende Pressefreiheit in Russland.
ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske sprach von eingeschüchterten Journalisten und flächendeckender Überwachung ausländischer Reporter. Die leichte Lockerung während Olympia solle nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine freie Berichterstattung in Russland kaum möglich sei. Telefonate und Internetkommunikation von Journalisten, aber auch von Teilnehmern und Besuchern der Spiele sollen abgehört und bis zu drei Jahre gespeichert werden, so Rediske.
Auch aus den USA werden weitere Vorwürfe an die Adresse Moskaus laut: Eine Organisation zum Schutz der Pressefreiheit wirft den russischen Behörden vor, Journalisten zu bedrohen und kritische Berichterstattung zu sozialen Missständen verhindern zu wollen. Es herrsche ein „repressives Klima“, kritisierte das „Committee to Protect Journalists“ (Komitee zum Schutz von Journalisten) mit Sitz in New York. Das Vorgehen Moskaus erinnere an die Zeiten der Sowjetunion.
Bereits zuvor waren in den USA Bedenken wegen der Sicherheit von Sportlern und Zuschauern in Sotschi geäußert worden. Das State Department warnte Sotschi-Reisende vor der Gefahr von Terroranschlägen. Amerikanische Sportler sollen außerhalb der Sportstätten keine Team-Kleidung mit US-Flagge tragen.
Moskau behindere Berichterstattung zu Themen wie Diskriminierung von Homosexuellen, Umweltschutz und Ausbeutung von Fremdarbeitern, kritisierte das Komitee zum Schutz von Journalisten, das eigenen Angaben zufolge 15 Millionen Mitglieder hat. Das Internationale Olympische Komitee wurde zum Handeln aufgerufen.
„Die russischen Behörden gehen mit solcher Härte gegen Journalisten, Menschen- und Bürgerrechtler vor, wie es seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion niemals beobachtet wurde“, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht. Lokale und internationale Journalisten würden im Vorfeld der Winterspiele bedroht.
Die Organisation appellierte an das Internationale Olympische Komitee (IOC), bei den russischen Behörden vorstellig zu werden. Das IOC müsse sich dafür einsetzen, dass Pressefreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung während und nach den Winterspielen nicht behindert würden. Sponsoren der Spiele sollten darauf dringen, dass das IOC in diesem Sinne aktiv werde. Journalisten, die über Olympia berichteten, sollten Verletzungen der Pressefreiheit publik machen.
Die staatlich-kontrollierten russischen Medien würden solche kritischen Themen in ihrer Berichterstattung nicht nur ausblenden, heißt es weiter. Sie würden stattdessen Propaganda veröffentlichen sowie Opfer von Menschenrechtsverletzungen und diejenigen, die sie verteidigen, verunglimpfen.
Die schwierigen Bedingungen für Journalisten in Russland bestätigte auch die Chefredakteurin der kremlkritischen Zeitung „Nowaja Gaseta Kubani“, Galina Taschmatowa. „Die Olympischen Spiele sind ein Internationales Feuerwerk, ein Fest. Das Fest kommt, das Fest vergeht und dann kommt unser russischer Alltag wieder. Und in diesem Alltag gibt es eine Menge Probleme mit den Behörden und den Machthabern.“