Sicherheitslücken - Soldaten aus Deutschland abgezogen

London (dpa) - Sicherheitslücken, Chaos am Flughafen und Hochbetrieb bei den Geheimdiensten - zwei Wochen vor der Eröffnungsfeier stehen die Olympia-Macher noch vor einer Menge Probleme: Aus Sorge um die Sicherheit forderte die britische Regierung 3500 zusätzliche Soldaten an.

Allein aus Deutschland werden rund 2000 Mann vorübergehend abgezogen. Die vom Organisationskomitee LOCOG beauftrage private Sicherheitsfirma G4S sei wohl nicht in der Lage, „rechtzeitig die benötigte Zahl von Sicherheitsleuten für alle Stätten“ bereitzustellen, erklärte Verteidigungsminister Philip Hammond.

Innenministerin Theresa May war erstmal um Deeskalation bemüht. Es bestehe kein erhöhtes Sicherheitsrisiko. „Wir werden alle nötigen Ressourcen bereitstellen“, beschwichtigte die Politikerin. Der Sicherheitseinsatz während Olympia ist der größte auf der Insel seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Neben der Polizei und den ohnehin eingeplanten 13 500 Soldaten hatte LOCOG die private Sicherheitsfirma G4S unter Vertrag genommen, die mehr als 10 000 Sicherheitsleute rekrutieren und ausbilden sollte. Zusammen mit anderen Freiwilligen sollten insgesamt knapp 24 000 Sicherheitsleute die Wettkampfstätten und andere Orte bei den Spielen schützen. Das Sicherheitsbudget für die Sportstätten liegt nach offiziellen Angaben bei 553 Millionen Pfund (700 Millionen Euro).

Die überraschende Aufstockung des Sicherheitspersonals provozierte prompt heftige Kritik aus der oppositionellen Labour-Partei an der Regierung. Das Innenministerium hätte das Ausmaß des Problems viel früher erkennen müssen, sagte Schatten-Innenministerin Yvette Cooper. Von der Downing Street hieß es, es müsse Konsequenzen haben, dass die Firma G4S den fast 300 Millionen Pfund (380 Millionen Euro) schweren Vertrag nicht einhalte. Strafzahlungen wurden gefordert. Die Sicherheitskosten sind längst auf eine Milliarde Pfund (1,26 Milliarden Euro) gestiegen.

Allein aus Deutschland werden rund 2000 Soldaten vorübergehend abgezogen. Seien zunächst nur 800 Soldaten aus Deutschland für den Olympia-Einsatz vorgesehen gewesen, so wären die Planungen schon vor Monaten um 1200 aufgestockt worden, sagte Rheinarmee-Sprecher Mike Whitehurst am Donnerstag. Die größten Kontingente kämen aus dem Raum Ostwestfalen-Lippe. Der Einsatz sei nur vorübergehend und kein vorzeitiger Abzug der Einheiten aus Deutschland, so Whitehurst. Die britische Armee unterhält in Deutschland noch Standorte in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Die insgesamt rund 20 000 Soldaten sollen bis spätestens 2020 abgezogen werden.

Londons Bürgermeister Boris Johnson erklärte, niemand stelle infrage, dass die Spiele sicher seien. „Es geht darum, dass im letzten Moment alle auf Nummer sicher gehen wollen“, sagte Johnson. Es gebe keinen Zweifel daran, dass Terroristen ein Attentat während des weltgrößten Sportereignisses an der Themse in Erwägung gezogen hätten, erklärte unterdessen Jonathan Evans, Generaldirektor des Inlandsgeheimdienstes MI5 am Donnerstag. Zwar seien die Spiele kein leichtes Ziel. „Aber es gibt nicht so etwas wie eine Sicherheitsgarantie.“

Nach Auffassung des britischen Geheimdienstes ist ein Attentat nach dem Vorbild des norwegischen Massenmörders Anders Behring Breivik die größte Gefahr für die Spiele. Eine konkrete terroristische Bedrohung besteht jedoch nicht. Die Sicherheitsstufe musste nicht erhöht werden und bleibt bei „substanziell“ - die dritthöchste Stufe auf der Skala. Die 3800 Geheimdienst-Mitarbeiter des MI5 haben während der Spiele Urlaubssperre.

Neben dem Dauerthema Sicherheit sorgten die Grenzkontrollen und langen Wartezeiten am Londoner Flughafen Heathrow für zusätzlichen Unmut in der Olympia-Stadt. Viele der für Olympia zusätzlich eingesetzten Grenzbeamten seien zu unerfahren, hieß es in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht. Sie seien unsicher, bräuchten mehr Zeit, die Passagiere an der Passkontrolle abzufertigen und trügen damit zu längeren Wartezeiten bei, erklärte der Chef der unabhängigen Überwachung der britischen Grenzbehörde, John Vine. Nicht nur er war „not very amused“.