Sotschi und die Liebe
Kondome und Tannensterben
Neun Tage sind die Olympischen Spiele in Sotschi jetzt alt, und es wurde irgendwie schon über alles gesprochen und geschrieben.
Über die Umwelt- und Bausünden, die man in der Bergregion im Kaukasus und am Strand des Schwarzen Meeres verbrochen hat.
Und natürlich über die großartige und ausgelassene Stimmung, die man selbst am heimischen Fernseher mitbekommt, wenn die Kamera wieder über leere Stadionränge und den wie ausgestorben daliegenden Olympia-Platz schwenkt.
Aber es gibt noch einige Aufreger, über die sich bislang noch niemand ausreichend mokiert hat. Schaffen wir schnell Abhilfe: Da wären die Kondome. Ja, richtig, Präservative. 100 000 davon wurden im olympischen Dorf verteilt.
Klar, 2800 gut aussehende junge Menschen auf engstem Raum — das ist fast wie bei einem Stromausfall im Hochhaus, der sich neun Monate später an der Zahl der Kinderwagen im Flur widerspiegelt.
Die Kondomverteilung ist aber nicht nur Teil des Konzeptes für sichere Spiele, sondern auch eine Anti-Aids-Kampagne des IOC. Die Aktion ist lobenswert, zog aber den Ärger einiger russischer Medien auf sich: Das seien ja 35 Gummis für jeden Sportler. Ob die Athleten denn nicht andere Höchstleistungen zu bringen hätten, fragte ein Moskauer Radiosender. Haben sie, und bringen sie ja auch.
Den russischen Bedenkenträgern sei hier mitgeteilt, dass es in Sotschi weit weniger Kondome sind als 2012 in London (150 000) und 2010 in Vancouver (250 000). Und selbst da musste kein Wettkampf ausfallen, weil Athleten sich anderweitig verausgabt hätten. Auch der mäßige Besuch der Wettkampfstätten hat damit nichts zu tun.
Apropos Wettkampfstätten: Beim Skispringen, beim Biathlon oder beim Langlauf — überall stecken kleine Tannenzweige im Boden und markieren Spuren und Weiten. Mutmaßlich mussten für diese Winterspiele Hunderttausende junger kaukasischer Tannen ihr Leben lassen. Oder wurden etwa über Wochen ausgediente Weihnachtsbäume gesammelt und dann wiederverwertet? Eher nicht.