Strenge Sotschi-Etikette - „Unterwäsche noch frei“
Erding (dpa) - Der neue DOSB-Präsident Alfons Hörmann taugte bei der Einkleidung der deutschen Olympia-Mannschaft zum Vorbild für seine Athleten.
„Man kann in Sotschi keinen größeren Fehler machen, als falsch gekleidet zu sein“, scherzte der 53 Jahre alte Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes. Hörmann wandte sich kurz von den Journalisten ab und kam kurz darauf mit einem frisch gebügelten Pullover zurück, auf dem wie vorgeschrieben sämtliche wichtigen Sponsorenlogos abgebildet waren.
Bei den Winterspielen in Sotschi ist das Outfit für Deutschlands Asse wesentlich mehr als nur ein Randaspekt: Jeder der rund 160 Athleten erhält vor dem Großereignis an der Schwarzmeerküste Einheitsjacken, -hemden und -hosen verpasst, insgesamt 69 Teile. Etwas anderes zu tragen, verbietet die Etikette. „Bei der Einkleidung bekommt jeder symbolisch die Fahrkarte für Sotschi“, betonte Hörmann am Montag beim Medientag im bayerischen Erding, „die Kleidung dokumentiert nicht zuletzt das Zusammengehörigkeitsgefühl des Teams.“
Zur Eröffnungsfeier am 7. Februar werden die Deutschen in Designerklamotten einlaufen, die an einen Kanarienvogelaufstand erinnern. Gelb-weiß-grün-blau sind die Jacken, die Frauen tragen dazu modisch gewagte rote Hosen mit wildem Blumenmuster. „Man fällt auf jeden Fall auf“, urteilt Eiskunstläufer Robin Szolkowy treffend.
Für Ski-Ass Maria Höfl-Riesch & Co. gibt es vor ihrer Abreise in der oberbayerischen Bundeswehr-Turnhalle sogar einen ausführlichen Leitfaden mit auf den Weg, damit beim Griff in die Garderobe niemand durcheinander kommt. Inhalt: Was wann zu tragen ist. Auf 41 Seiten wird bei der vorgeschriebenen Kleidungswahl penibel unterschieden zwischen An- und Abreise, Medaillenzeremonien, Interviews, Empfängen und Olympischem Dorf. Auch was die Athleten vor, während und nach den Wettkämpfen zu tragen haben, steht drin. Sogar Rasierer, Epilierer und Zahnbürsten bekommt der deutsche Dachverband gestellt.
„Es bringt nichts, noch eigene Sachen mitzubringen. Man darf sie sowieso praktisch nie tragen“, sagte die zweimalige Olympiasiegerin Claudia Nystad. Immerhin mit einer Ausnahme: „Die Unterwäsche dürfen wir frei wählen.“ Fast auf den letzten Drücker qualifizierte sich die Langläuferin am Wochenende beim Weltcup in Polen noch für Sotschi, es werden ihre vierten und letzten Olympischen Spiele.
Mit Skeletonis, Bobpiloten, Eiskunstläufern, den Athleten aus Skicross und Slopestyle sowie ihren Langlauf-Mitstreitern musste sich Nystad am Montag mit einem monströsen Einkaufswagen vom Baumarkt von Ausgabestand zu Ausgabestand quälen und Klamotten in verschiedenen Größen ausprobieren. Immer begleitet von zahlreichen Kameras, die selbst vor den Unterhosen von Sportlern und Funktionären nicht haltmachen. Umkleidekabinen gab es selbst für Olympiasieger bei der offiziellen Einkleidung nicht - vielleicht waren deshalb sogar die ZDF-Satiriker der „heute-show“ auf den Fliegerhorst nach Erding gekommen.
„Man fühlt sich ein bisschen wie eine Shopping Queen“, scherzte Claudia Nystad. Immerhin ist für die Athleten alles kostenlos, weil der Großteil des Outfits für die deutsche Delegation von Sponsoren gestellt wird. Neben den Sportlern werden auch Trainer, Betreuer, Mediziner, Physiotherapeuten und Techniker eingekleidet. Langläuferin Nystad hat nach den Spielen in Salt Lake City, Turin und Vancouver die meisten offiziellen Kleidungsstücke immer verschenkt, jetzt aber will sie die Sachen behalten: „Ich muss also ganz genau drauf achten, dass mir alles von der Größe her auch wirklich passt.“ Mit drei prall gepackten Koffern verließ sie die Halle.