Team Deutschland: Millionäre, Tischler, Kommissare
London (dpa) - Das deutsche Olympia-Team ist so bunt wie die Republik. Studiert man die Mannschaftsbroschüre, ergibt sich ein Querschnitt durch die Gesellschaft. Sport-Millionär kann man nur werden, wenn man sich als Profi über Jahre in der Weltspitze hält.
Studenten, Schüler, Millionäre. Zwei Tischler, Arzt und Architekt. Frau Kommissarin geht gleich viermal um in London, und für die ganz heißen Fälle ist sogar ein Feuerwehrmann dabei. Die Jüngsten rechnen noch mit Taschengeld, nur ganz wenige mit siebenstelligen Summen. Turnerin Janine Berger aus Ulm ist mit 16 Jahren das „Küken“ im deutschen Olympia-Team, Vielseitigkeitsreiter Peter Thomsen aus Großenwiehe in Schleswig-Holstein mit 51 der Oldie. Seine Mannschaftskollegin Sandra Auffarth, gerade mal 25, könnte gut und gern sein Tochter sein.
Thomsen reitet seit über 30 Jahren, sein Geld verdient er aber bei einem großen Logistik-Unternehmen in Neumünster. „Als ganz normaler Angestellter. Ich bin kein Millionär, und ich werde kein Millionär“, versichert der Mannschafts-Olympiasieger von 2008. „Beim Reitsport muss die schwarze Null stehen. Mal sind es 10 000 Euro drüber, mal bin ich mit 10 000 in den Miesen“, sagt der Älteste unter den 392 deutschen Olympia-Startern in einem Gespräch der Nachrichtenagentur dpa.
Als Millionäre des Pferdesports gelten die Springreiter, aber nur was das Preisgeld angeht. Marcus Ehning, Christian Ahlmann oder Meredith Michaels-Beerbaum haben im Laufe der Karriere bereits Prämien kassiert, die zusammengerechnet im siebenstelligen Bereich liegen. Pferdesport ist aber kostspielig. Die Profis betreiben große Turnierställe mit mehreren Angestellten, die Haltung der Vierbeiner ist teuer. Zudem müssen fast alle Reiter die Hälfte der Siegprämien an die Pferdebesitzer abgeben.
Allein mit Preisgeldern haben die deutschen Tennisprofis inzwischen Millionen verdient - außer Mona Barthel. Krösus unter den acht Wimbledon-Startern ist Philipp Kohlschreiber mit einem Karriere-Gesamtpreisgeld von 5 255 118 Dollar (4,28 Millionen Euro). „Profi“ geben keine drei Dutzend der deutschen Sportler in der offiziellen Mannschaftsbroschüre des DOSB als Beruf an: Tennisprofis, Radsportler, einige Volleyballer und Tischtennis-Spieler wie Superstar Timo Boll.
Schwimm-Olympiasiegerin Britta Steffen hat lukrative Verträge mit starken Sponsoren - auch für die Zeit, wenn es mal nicht mehr läuft. „Das ist die Kunst.“ Zahlen sind zwar tabu, aber: „Seit 2006 habe ich so gute Verträge, dass ich überhaupt nicht klagen kann“, verriet die Berlinerin. Auch Marathon-Frau Irina Mikitenko (Beruf: Sportlehrerin) hat dank großer Siege und satter Prämien ausgesorgt.
Janine Berger bekommt nicht mal Taschengeld. Die Welt der Gymnasiastin ist jetzt London, erst auf den letzten Drücker hatte sich die Sprung-Spezialistin für Olympia qualifiziert. „Für mich ist ein Traum wahr geworden! Seit ich acht Jahre alt bin, wollte ich das schaffen - und nun bin ich dabei“. Dass sie die Jüngste im deutschen Team ist, „damit beschäftige ich mich gar nicht“.
„Wir haben eine bunte und vielseitige deutsche Olympia- Mannschaft“, meinte Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Mahr als zwei Dutzend der Athleten haben laut DOSB einen Migrationshintergrund, 108 sind bei der Bundeswehr angestellt, 25 bei der Bundespolizei.
Richtig spannende Berufe tauchen aber auch auf: Kanute Kurt Kuschela ist Feuerwehrmann, Hockeyspieler Thilo Stralkowski wird zum Piloten ausgebildet. Den Londoner Spähtrupp der vier Polizei-Kommissarinnen führt Hochspringerin Ariane Friedrich an.
Langstreckenläufer Arne Gabius, frisch mit EM-Silber dekoriert, ist Sportprofi. Er könnte aber auch als Arzt arbeiten. Schütze Karsten Bindrich ist Schreiner, Sonja Scheibl als Tischlerin sozusagen seine Berufskollegin. Und Leichtathlet Carsten Schlangen arbeitet als Architekt in Berlin.