Zehn Jahre nach Athen 2004: Die Folgen von Olympia
Athen (dpa) - Die Schwimmbäder rund um das Olympiastadion sind ohne Wasser, auf der Anlage der Beachvolleyballer in Faliron wachsen Sträuche. Zehn Jahre sind seit dem 13. August 2004 vergangen, als im Athener Olympiastadion Spyridon Louis die XXVIII.
Olympischen Spiele eröffnet wurden.
Viele Sportstätten sind inzwischen verfallen oder verwaist. Geld für die Instandhaltung gibt es nicht - Käufer auch nicht. Griechenland plagen andere Sorgen. Die Nachhaltigkeit der olympischen Infrastruktur hat nicht oberste Priorität.
Wer heute die Olympia-Anlagen von Athen besuchen will, hat Pech. Fast überall versperren zum Teil verrostete Zäune den Eintritt. Öde wirkt auch die Gegend bei Hellinikon, 2004 noch Schauplatz von Fechten, Basketball und Kanu-Slalom. Heruntergekommene Gebäude, streunende Hunde und ein Krankenhaus für Bedürftige dominieren die Szene. Fast fünf Milliarden Euro sollen die Spiele gekostet haben, allein der Posten Sicherheit verschlang mehr als eine Milliarde Euro. Die tatsächlichen Ausgaben für das Großprojekt wurden nie veröffentlicht.
Massive Bauverzögerungen ließen eine organisatorische Katastrophe befürchten. Aus Sorge, Stadien und Anlagen könnten nicht rechtzeitig fertig werden, wurden Aufträge ohne Ausschreibung direkt vergeben. Direkter Auftrag bedeutete aber, „nimm das Geld und liefere schnell“, meinte ein Architekt, der für diese Spiele gearbeitet hatte und heute Angestellter eines der größten Bauunternehmen des Landes ist. „Viele haben Geld in zwei, ja vielleicht dreistelliger Millionenhöhe verdient“, sagte er. „Auch mein heutiger Arbeitgeber.“ Ähnlich handelten die Finanzexperten der Regierung. Alle Probleme wurden mit einer neuen Verschuldung gelöst. Eine Politik, die im Sport zu rostenden Anlagen - und den Staat in den Abgrund führt.
Es wurde teilweise so chaotisch gebaut, dass das monumentale Dach des Olympiastadions ohne richtige Baugenehmigung aufgestellt wurde. Dies räumte Stadionchef Petros Galaktopoulos kurz vor dem zehnten Jahrestag im griechischen Fernsehen ein. Aus diesem Grund sei eine Wartung nicht möglich. Einen Tag später hatte der zuständige Sport-Staatssekretär Giannis Andrianos Entschuldigung und Erklärung parat. Die Regierung von damals habe diese Missstände von der Regierung davor geerbt und versucht, das Beste daraus zu machen.
Trotz der zahlreichen Herausforderungen verliefen die Spiele selbst relativ reibungslos. Der ehemalige IOC-Präsident Jacques Rogge sprach zwei Wochen später bei der Abschlussfeier sogar von „unvergesslichen Traumspielen“. Die Griechen waren zufrieden, sie hatten ihre Aufgabe erfüllt. „Damals hatten wir an den Traum geglaubt“, kommentierte die Athener Sonntagszeitung „Kathimerini“ kürzlich. Der Traum wurde wenige Jahre später zum Albtraum. Das Land stand vor kurzem finanziell noch vor dem Abgrund und konnte erst in letzter Minute vor dem Bankrott gerettet werden.
Die Chefin des Organisationskomitees (ATHOC), die Reederin und Politikerin Gianna Angelopoulos, will nun wissen, was Sache ist und hat beim Athener Institut für Ökonomische und Industrielle Forschung (IOBE) eine detaillierte Studie über die Bilanz der Spiele in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse sollen bis zum Jahresende vorliegen.
Die Griechen sind Kummer gewohnt und verweisen lieber auf die zahlreichen positiven Beispiele des Olympia-Erbes. Für die Einwohner Athens wurde ein gut funktionierendes U-Bahn-Netz gebaut, eine Vorstadtbahn verbindet die Hauptstadt mit ihrem Großflughafen, eine Straßenbahn bringt die Menschen schnell ans Meer.
Aus dem TV- und Radiozentrum wurde ein großer Einkaufstempel, das Erziehungsministerium zog ins Main Press Centre. Im Olympiastadion spielt inzwischen der Traditionsverein AEK Athen, die Basketballarena wird vom mehrfachen Europachampion Panathinaikos Athen genutzt, die ehemalige Halle der Gewichtheber von einer Universität.
Auch die Anlagen im alten Flughafen Hellinikon sollen in den nächsten Jahren neu verwertet werden. Entstehen soll dort eines der größten Erlebniszentren des östlichen Mittelmeerraums. Wieder nur ein leeres Versprechen? Die neue Attraktion soll jährlich immerhin eine Million Touristen mehr nach Athen locken.