Die Basketball-Europameisterschaft 2021 in Deutschland, was bedeutet das für den Sport?
Von Alexander Heflik Er träumt vom ganz großen Wurf
Münster · Interview Ingo Weiss sieht als Präsident des deutschen Basketball-Bundes große Chancen für die Europameisterschaft 2021, die auch in Deutschland ausgespielt wird.
Ingo Weiss hat Großes vor. Die Basketball-Europameisterschaft 2021, die in Deutschland, Georgien, Italien und Tschechien ausgespielt wird, soll nur ein Höhepunkt einer neuen Ära sein. Der 55-Jährige Präsident des Deutschen Basketball-Bundes blickt weit voraus, Fernziel ist dabei eine gesamteuropäische Ausrichtung der Weltmeisterschaft 2027 in Deutschland.
Ingo Weiss: Das ist eminent wichtig und gibt uns viele Optionen für eine langfristige Strategie. Wir mussten 2015 nach dem Rücktritt von Dirk Nowitzki einen Umbruch vornehmen, eine neue Mannschaft mit einer neuen Statik auf den Weg bringen. Jetzt ist Dennis Schröder der Eckpfeiler eines Teams, das bei der WM in diesem Jahr, den Olympischen Spielen 2020 in Tokio und dann bei der EM für Furore sorgen soll. Als Verband denken wir aber in noch größeren Zyklen, nach der WM 2023 auf den Philippinen dürften die Chancen auf ein Weltturnier 2027 in Europa sehr gut stehen. Bei einer Ausrichtung als gesamteuropäisches Konzept könnten wir eine zentrale Rolle einnehmen.
Schon die Europameisterschaft 2021 wird in mehreren EU-Ländern stattfinden?
Weiss: In Mailand, Tiflis und Prag werden Vorrunden ausgetragen. Köln als deutscher Vorrundenort und Berlin für die Finalrunde sind weitere Austragungszentren.
Basketball findet dann nur in großen Metropolen statt, die Bundesliga-Standorte, größere wie München und kleinere wie Vechta, bleiben auf der Strecke?
Weiss: München war auch ein möglicher EM-Kandidat, dort wird gerade eine Halle für 12 000 Menschen gebaut. Der Etat der EM 2021 wird sich auf rund 15 Millionen Euro belaufen. Da müssen sicherlich 30 bis 40 Prozent durch den Ticketverkauf wieder reingespielt werden. Deshalb müssen wir in die größten Arenen in Deutschland. Das Problem für einen nationalen Verband ist immer, dass der Weltverband Fiba die kompletten Vermarktungsrechte besitzt.
Also. Wie profitiert dann zum Beispiel die BBL davon?
Weiss: Nachhaltigkeit ist das Stichwort. Natürlich wird die Nationalmannschaft in der Vorbereitung in Standorten wie München, Bamberg, Leipzig oder Ludwigsburg spielen. So wollen wir weit gefächert eine Identifikation mit unseren Stars herstellen. Die Nationalmannschaft ist und bleibt die Lokomotive für Basketball hierzulande. Im Nachwuchs könnte es einen Boom durch ein erfolgreiches Turnier geben, aus so einer EM kann sich etwas entwickeln.
Zurück zum Nationalteam: Dirk Nowitzki hat seine aktuelle Laufbahn bei den Dallas Mavericks beendet, er hätte doch jetzt Zeit für viele Aufgaben rund um die EM?
Weiss: Wir haben einen guten Draht zu Dirk, es wird sicherlich eine Kooperation geben. Nur, sein Lebensmittelpunkt sind die USA, da kann es schwierig mit dem Tagesgeschäft werden. Aber ihm könnte eine Rolle als eine Art Pate für die deutschen NBA-Spieler zukommen, wie ein Botschafter für das Nationalteam in Nordamerika.
Daniel Theis in Boston, Schröder in Oklahoma, Maximilian Kleber in Dallas, Isiah Hartenstein in Houston, um mal ein Quartett zu nennen. Wie groß ist der Einfluss dieser Spieler auf das Nationalteam?
Weiss: Das müssen Sie den Trainer fragen. Natürlich hat sich jeder in der NBA verbessert, sie werden dort hervorragend ausgebildet, gefordert und gefördert. Und eines steht bei jedem von ihnen auch fest: Für jeden deutschen Spieler in der NBA ist es eine Ehre, für Deutschland zu spielen, es ist keine Pflicht, sie machen das gerne und aus voller Überzeugung. Zudem gibt es auch Spieler wie Johannes Vogtmann, der sich in Europa bei ZSKA Moskau weiterentwickeln wird. Wir haben aktuell ein Potenzial von 30 bis 40 Spielern im Hinblick auf die EM, dazu haben wir 30 bis 40 Talente bei den Junioren, die mittelfristig den Durchbruch schaffen können.
2015 war der Generationswechsel angesagt, Nowitzki ging, Dennis Schröder übernahm, passt das?
Weiss: Schon damals hat Dennis gezeigt, dass er ein exzellenter Spieler ist, der sich immer noch weiterentwickelt. Er ist ein Anführer. Er ist nicht einer, den man mitziehen muss, er ist einer, der unbedingt will. Auch Moritz Wagner hat bei den Los Angeles Lakers in seiner ersten NBA-Saison überzeugt, auch wenn er nach Washington transferiert wurde. Nebenbei: Sein Bruder Franz spielt in Michigan an der Universität und ist auf einem tollen Weg. Es war in der Rückschau an der Spitze ein guter Wechsel von Nowitzki zu Schröder, wir sind auf einem guten Weg. Die Talentförderung in Deutschland klappt auch gut dank der Zusammenarbeit mit der Basketball-Bundesliga.
Kann es durch eine gut verlaufene EM einen Anschub für die BBL geben?
Weiss: Klar, eine gute Nationalmannschaft ist gut für den Basketball. Die BBL profitiert, und wir entwickeln die Dinge gemeinsam weiter.
Zuletzt gab es aber Ärger um den sportlichen Aufsteiger Nürnberg Falcons, schadet das nicht dem Sport?
Weiss: Ich würde nicht sagen, dass das dem gesamten Sport schadet. Für Nürnberg ist das nicht gut, allerdings haben die Falcons die Bedingungen für eine Lizenzerteilung nicht erfüllt, leider.