Genie und Wahnsinn: Hoffnungsträger Schröder polarisiert

Berlin (dpa) - Trotz des frühen Scheiterns ließ sich Dennis Schröder ein Andenken an die missglückte EM nicht nehmen. Mit einem Motivationsplakat aus der Kabine der deutschen Basketballer im Gepäck verabschiedete sich der NBA-Youngster aus Berlin in den Kurzurlaub.

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Als tragische Figur des verlorenen Showdowns gegen Spanien stand der 21-Jährige sinnbildlich für das Vorrunden-Scheitern - aber auch als großer Hoffnungsträger auf eine bessere Zukunft. „Ich kann das nächste Jahr kaum abwarten“, versprach er weitere Auftritte im Nationaltrikot.

Noch weit hinter Dirk Nowitzki schlich Schröder als Letzter aus den Katakomben. Nach seinem verworfenen Freiwurf 3,8 Sekunden vor Schluss, der das 76:77 gegen Spanien besiegelte, gab sich der sonst forsch auftretende Aufbauspieler kleinlaut und nahm die Schuld am Ausscheiden auf sich. „Ich war die ganze Zeit in der Kabine, habe mich geärgert“, berichtete er von den Minuten, in denen das Team die verpasste Endrunde in Lille verarbeitete. „Ich denke, ich habe gute Spiele abgeliefert. Aber wir sind nicht nach Frankreich gekommen, da hätte ich einen besseren Job machen müssen.“

Mit seinem steten Wandel zwischen den spielerischen Extremen polarisierte Schröder wie niemand aus dem deutschen Team. Schon in der NBA für die Atlanta Hawks hielt er vergangene Saison den Ball länger als jeder andere Spieler in der Hand und fand nun mehrfach nicht das richtige Tempo für den deutschen Angriff.

Schröder war allerdings im Vergleich zu den wichtigsten Spielern der starken Vorrunden-Gegner auch bei weitem der jüngste Akteur mit so großer Verantwortung. Pau Gasol (Spanien), Milos Teodosic (Serbien), Danilo Gallinari (Italien) oder Ersan Ilyasova (Türkei) sind um Jahre älter und erfahrener. Zudem konnten sie die Last auf Mitspieler mit Spitzenniveau verteilen.

Für unnötigen Wirbel sorgte der gebürtige Braunschweiger mit seiner öffentlichen Kritik an einer Taktik von Bundestrainer Chris Fleming nach dem Italien-Spiel und zeigte gegen Ende der Partien mangelnde Übersicht. „Das ist Neuland für ihn“, analysierte Bundestrainer Chris Fleming die Schlussphasen. „Die Spiele in Atlanta entscheidet er nicht. Und davor hat er in Braunschweig gespielt. Diese Spiele hat er nie gesehen.“

Gleichzeitig hielt überhaupt nur Schröder dank seiner beispiellosen Schnelligkeit bei den drei knappen Niederlagen gegen Spanien, Serbien und Italien überhaupt die deutsche Siegchance aufrecht. Zudem übernahm er mit immensem Selbstvertrauen immer Verantwortung in Phasen, als es auch bei Nowitzki & Co. nicht lief. Mit 21 Punkten pro Partie und einer starken Feldwurfquote von 48 Prozent war er zweitbester Werfer der kompletten EM-Vorrunde. Auch seinen Dreier traf er nach Extra-Schichten mit Atlanta-Kumpel Kyle Korver diesen Sommer in Kalifornien schon deutlich sicherer.

„Dennis hat eine Riesenzukunft vor sich. In der NBA, aber auch in der Nationalmannschaft“, schwärmte Nowitzki angesichts der in Deutschland noch nie bei einem Aufbauspieler gesehen Fähigkeiten. Nach seinem emotionalen Abschied von der EM übergab der Superstar endgültig die Führungsrolle im Nationalteam. „Natürlich muss er noch lernen, das Tempo zu drosseln, das Spiel zu lenken. Aber er hat alle Voraussetzungen, um ein ganz Großer zu werden.“