Zwischen Extremen: Schaffartzik führt mit „Freiheiten“

Ljubljana (dpa) - Die deutschen Basketballer sind bei der EM in Slowenien top - zumindest bei den persönlichen Statistiken.

Nach drei Spieltagen glänzte Robin Benzing mit einem Punkteschnitt von 20,3 als Topscorer des gesamten Turniers, Tibor Pleiß lag bei neun Rebounds pro Partie unter den Top 5, und Heiko Schaffartzik verteilte drei Vorlagen je Spiel mehr als der zweitbeste Passgeber. „Nicht so viel“ bedeute ihm diese Vorrangstellung, erklärte der 29 Jahre alte Kapitän vor der Partie gegen Großbritannien am Sonntag. „Ich würde das gerne eintauschen gegen zwei Siege. Mir wäre viel lieber, wenn wir gegen die Ukraine und Belgien gewonnen hätten.“

Die Dominanz Schaffartziks im deutschen Spiel - mehr als 16 Zähler pro Partie bedeuten ebenfalls einen Platz in der europäischen Spitze - ist auch dem starken Gefälle an Erfahrung im jungen Team geschuldet. Es gebe „eine ganz extreme Hierarchie“ in der Mannschaft ohne viele Lautsprecher, berichtete Per Günther, sein Positionskollege im Aufbau. Schaffartzik steche als Charakter heraus, gebe den Ton an, habe diese Rolle aber annehmen müssen.

„Es gab eine Entwicklung, dass viel von ihm verlangt wird“, sagte Günther über den Neu-Münchner. „Es wird verlangt, dass er verteidigt, dass er den Ball nach vorne bringt, dass er scort, dass er das Ding reinmacht, wenn es nicht läuft, dass er jeden Tag vor der Presse steht und allen Leuten erklärt, dass er seine Teammates rausboxt. Wenn wir erfolgreich sein wollen, müssen wir das ein bisschen einschränken.“ Das gehe aber nur, wenn andere Leute basketballerisch hervortreten würden. Wenn das nicht passiere, „kann die Rolle nicht einfacher werden für Heiko“, betont der Ulmer.

Welches Gewicht das Wort des Anführers hat, zeigt sich auch neben dem Parkett. In der Schlussphase bei der Niederlage gegen die Ukraine sagte Schaffartzik während einer Auszeit einen anderen Spielzug als zuvor Bundestrainer Frank Menz an. Darauf könne er sich „einlassen, wenn die Mannschaft der Meinung ist, eine andere Offense wäre in der Situation angebracht“, erläuterte der Coach. „Heiko ist der Spieler mit der größten Erfahrung, vom Alter hebt er sich klar ab. Er spielt ein hervorragendes Turnier. Er hat ein paar Freiheiten, aber letztendlich gebe ich vor, wie wir spielen.“

Auf dem Feld streut Schaffartzik in Slowenien seltener als früher seine wilde Dreier ein. Mit seinen donnernden Pässen aus der Schulter oder Lobanspielen in die Zone liefert er reihenweise Vorlagen für das Highlightband, dirigiert das Spiel inzwischen ruhiger und abgeklärter - zeigt aber manchmal immer noch Leistungen zwischen den Extremen: Nachdem der Schiedsrichter die Partie trotz eines feuchten Balls nicht hatte unterbrechen wollen, unterlief ausgerechnet Schaffartzik gegen die Ukraine mit einem Offensivfoul der mitentscheidende, leichtfertige Ballverlust.