Muhammad Ali - der Mythos des Größten bleibt für immer

Hamburg (dpa) - Mit einem roten Fahrrad hat alles begonnen. Als dem zwölfjährigen Cassius Clay, wie Muhammad Ali damals noch hieß, in seiner Heimatstadt Louisville sein neuer Drahtesel geklaut wurde, hatte er nur einen Wunsch: Den Dieb prügelst du windelweich!

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Hamburg (dpa) - Mit einem roten Fahrrad hat alles begonnen. Als dem zwölfjährigen Cassius Clay, wie Muhammad Ali damals noch hieß, in seiner Heimatstadt Louisville sein neuer Drahtesel geklaut wurde, hatte er nur einen Wunsch: Den Dieb prügelst du windelweich!

Vom Polizisten, dem er sein Leid wegen des Fahrrad-Diebstahls klagte, bekam er den Tipp: Versuchs doch mal mit Box-Training. Gesagt, getan. Fortan setzte der talentierte Ali unter Anleitung seine Fäuste ein. Sechs Jahre später war er Olympiasieger, weitere vier Jahre darauf Weltmeister bei den Profis im Schwergewicht. Da war Ali längst klar: „Ich bin der Größte!“ Fahrrad und Dieb hatte er bereits vergessen.

Der Leitspruch „I am the Greatest“ wurde erst belächelt, später beklatscht. Er hat zwar ein großes Maul, hieß es, aber er hat recht mit seiner Selbsteinschätzung: Er ist tatsächlich der beste Boxer. Und er wurde zu einer Stimme der Unterdrückten, der Diskriminierten.

Selbst die Schüttellähmung, die ihn später in den Rollstuhl zwang und ihn nicht mehr zu Wort kommen ließ, änderte nichts an seinem Mythos als bedeutendste Sportpersönlichkeit. Als er 1996, schwer gezeichnet von der Krankheit, das olympische Feuer in Atlanta entzündete, war die Welt gerührt. „Er war größer als der Präsident der Vereinigten Staaten, war der berühmteste Mensch der Welt“, sagte Alis einstiger Gegner George Foreman.

Muhammad Ali war „Sportler des Jahrhunderts“ und so beliebt wie kein anderer seiner Zunft auf diesem Planeten. Seinen Namen kennen sogar Kinder, die ihn niemals boxen sahen. Sie alle trauern nun um „The Greatest“. Am Freitag (Ortszeit) starb er in einem Krankenhaus bei Phoenix an einer Blutvergiftung infolge der Parkinson-Krankheit, die 32 Jahre zuvor bei ihm diagnostiziert worden war. Er hinterlässt neun Kinder, viermal war Ali verheiratet gewesen.

Einige seiner Kämpfe werden der Welt für immer im Gedächtnis bleiben. Video-Aufzeichnungen von früher werden wie Kunstwerke zelebriert. „Rumble in the Jungle“ und „Thrilla in Manila“ sind Begriffe, die Sportfans rund um den Erdball noch heute zum Schwärmen bringen. Ali war ein Künstler im Ring. Sein leichtfüßiger Kampfstil und die einzigartigen Reflexe machten ihn weltweit zum Mythos. „Schwebe wie ein Schmetterling, stich wie eine Biene“, umschrieb der frühere Schwergewichts-Weltmeister sein flinkes, scheinbar schwereloses Boxen.

„Seine Taktik war für die Gegner überraschend. Er verfügte über eine einmalige Technik und eine extreme Schnelligkeit“, sagt Box-Manager Wilfried Sauerland Ali, den er einige Male traf. Siege über Sonny Liston, Joe Frazier, Ken Norton, George Foreman wurden weltweit bejubelt. „Ich habe die Welt durchgeschüttelt“, verkündete er nach dem erstemaligen Gewinn des WM-Titels. Der in der DDR aufgewachsene frühere Schwergewichtsboxer Axel Schulz erinnert sich: „Ich hatte als Knirps vom Boxen noch keine Ahnung. Aber meine Eltern haben mich nachts zum Fernsehen geweckt und gesagt: Ali boxt. Das war riesig.“

Alis Anziehungskraft resultiert aber nicht nur aus seiner einmaligen sportlichen Brillanz. Der Mann hatte Charisma, konnte die Menschen in seinen Bann ziehen. Er war Top-Verkäufer in eigener Sache, ein unvergleichliches Marketing-Talent. Er war vorlaut, ließ manchmal kein gutes Haar an seinen Gegnern, provozierte ohne Ende.

Ali spaltete mit seinen Wortschwall-Attacken, war ein Narziss, zog im konservativen Amerika auch Hass auf sich. Dazu trug bei, dass er 1964 zum Islam übertrat und seinen, wie er sagte, Sklavennamen Cassius Clay ablegte.

Den Mächtigen bot er die Stirn. Rassismus und Vietnam-Krieg prangerte er an, opferte dafür sogar einen wesentlichen Teil seiner Karriere. Weil er den Kriegsdienst in Vietnam verweigerte, wurde er knapp drei Jahre gesperrt. Legendär ist seine Aussage: „Ich bin nicht im Streit mit dem Vietcong. Kein Vietcong hat mich jemals Nigger genannt.“

Viele sagen: Er hätte früher aufhören müssen mit dem Boxen. Erst 1981 nach einer erschütternden Niederlage gegen den Kanadier Trevor Berbick war Schluss. Dass die Parkinson-Krankheit auf Kopftreffer zurückzuführen ist, wurde nie bewiesen. Vermutlich hat das Boxen sie aber begünstigt. Alis Credo: „Du wirst eines Tages sterben. Also sei bereit, um in den Himmel zu gehen und um ewig glücklich zu leben.“