BVB: Jürgen Klopps schwierigste Aufgabe

Vor dem Spiel gegen Galatasaray plagen den BVB-Trainer viele Probleme. Lösen wird er sie heute nicht können.

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Düsseldorf. Mit Friedhelm Konietzka hatte seinerzeit niemand mehr Geduld. Sieben Mal in neun Spielen hatte der Trainer zum Auftakt der Bundesliga-Saison 1984/85 verloren. Mit Borussia Dortmund. Die Champions League gab es noch nicht, und wenn, dann hätte der BVB damals keine Rolle gespielt. Konietzkas Nachfolger Erich Ribbeck landete am Ende auf dem 14. Rang.

Was Jürgen Klopp damit zu tun hat? Derlei historischen Statistiken werden dem aktuellen BVB-Trainer derzeit von den Fachblättern vorgehalten. Weil das, was in Dortmund aktuell geschieht, historisch anmutet: Sieben Pleiten in zehn Liga-Spielen, Platz 17, Abstiegsgefahr beim Titelkandidaten.

Man hatte ja gar nicht gewagt zu denken, dass solcherlei Ausreißer noch passieren können in einer Liga, in der das Geld immer öfter die Tabelle ordnet. Klopp weiß, dass das alles nicht normal ist. Umso schwerer fallen Erklärungen. Seine Miene verrät es, wann immer die Kameras draufhalten auf den Ausnahmetrainer, der jetzt den Ausnahme-Fall erlebt. Wer eigentlich Höhenluft atmet, der hat es schwer zu erklären, warum unten die Luft so schlecht ist. „Verrückt“, nennt Klopp die Situation, „brutal hart“. Emotionen. Analysen? Den Druck, sagt er, müsse man aushalten. Gearbeitet wird auf dem Platz. Im Interview ist noch nie etwas besser geworden.

Die Zeiten, in denen der erfolgreiche Klopp nach vereinzelten Punktverlusten schlecht gelaunt verbale Kopfnüsse an Reporter verteilte, scheinen vorbei. Jetzt fordert der 47-Jährige allenfalls noch „Sensibilität“ ein, wenn ein TV-Mann auch noch nach der fünften Liga-Pleite in Serie nach der persönlichen Zukunft von Marco Reus fragt.

„Das ist nicht mein Thema“, sagte er dann, weil Einzelschicksale ihn ohnehin selten interessiert haben. Jetzt, wo das Kollektiv nicht funktioniert und die Störmanöver aus München nur noch die Spitze des Eisbergs sind, schon mal gar nicht. Was macht er eigentlich falsch? Macht er etwas anders? Oder hat er sich verbraucht? Der Trainer eben doch als „temporäre Erscheinung“, wie Leverkusens Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser es mal generell formulierte? Gilt das selbst für Klopp?

Nein, das mag niemand glauben. In Dortmund schon gar nicht. „Er hat keinen einzigen Fehler gemacht“, sagt sein Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Klopp weiß, dass sie ihn nie entlassen würden. Sie lieben ihn, kaum Fronten. Aber jetzt ist es an der Zeit, die Dinge zu drehen. Und zu schaffen, was vielleicht zuerst in Dortmund möglich ist: Dass sich etwas verändert, ohne dass sich wirklich etwas ändert. Siege, den „Kreislauf durchbrechen“, wie Watzke es sagt. Ohne Wechsel der Protagonisten.

Ein alternativloser Plan. Aber geht er auch auf? Am Dienstag spielt Dortmund gegen Galatasaray Istanbul (20.45 Uhr). Champions League. Anderes Terrain, andere Zahlen, hier läuft es. Aber wenn auf einen Sieg gegen Istanbul und das frühzeitige Erreichen des Achtelfinals am Sonntag gegen Borussia Mönchengladbach kein zweiter folgen würde, brennt es sofort wieder.

Klopps Team braucht ohnehin eine Serie, nicht den einen Sieg. Das macht psychologisch alles noch viel schwieriger. Klopps größte Aufgabe dürfte sein, die Gedanken seiner Spieler in diesem Sinne zu ordnen.

Sein Kapitän Mats Hummels kann dabei drei Wochen lang nicht helfen. Eine Bänderdehnung im rechten Sprunggelenk des Weltmeisters ist die nächste Hiobsbotschaft. Klopp nimmt das hin, hadern ist nicht sein Ding. Wenn er nicht mehr voran ginge, würde es tatsächlich gefährlich werden.