Terzics Dortmund-Triumph ist eine schwere Hypothek Darum ist Marco Rose der Verlierer der Saison

Meinung · Edin Terzics Triumph mit Dortmund ist für den künftigen Trainer des BVB eine schwere Hypothek. Zumal der in Mönchengladbach viele Baustellen aufgerissen hat. Zeit für Zukunftsszenarien.

Marco Rose wird in der kommenden Saison Nachfolger von Edin Terzic in Dortmund sein.

Foto: dpa/Matthias Schrader

Es hätte schlimmer kommen können Marco Rose. Und es kam schlimmer. Vielleicht würde Rudi Völler es den „noch tieferen Tiefpunkt“ nennen, wie einst nach einem Unentschieden der DFF-Auswahl auf Island. Aber schlecht ist die Niederlage von Borussia Mönchengladbach gegen den VfB Stuttgart auf jeden Fall - für den Verein, weil eine Saison ganz ohne Europa droht, und für den Trainer Rose, weil er mit leeren Händen zu seinem neuen Arbeitgeber gehen könnte. Er wird Chefcoach von Borussia Dortmund, ausgerechnet von Borussia Dortmund.  Es hätte schlimmer kommen können, und es kam schlimmer für den neuen Mann auf der Kommandobrücke am Borsigplatz. Denn seit Sonntag steht fest, dass der BVB unter Edin Terzich nun auch noch die Qualifikation für die Champions League erreicht hat. Am Donnerstag vergangener Woche der spektakuläre Pokalsieg gegen RB Leipzig, und nun voraussichtlich als Tabellendritter über die Bundesliga-Ziellinie. Seit Terzic den glücklos-verbissenen Lucien Favre in Dortmund ersetzte, hat er nach und nach alle Fesseln gelöst. Selbst die ältere Garde um Lukas Piszek und Marco Reus rennt leichtfüßig wie aus dem Jungbrunnen gestiegen über den Platz. Die ablaufende Spielzeit ist für den BVB letztlich besser gelaufen, als die größten Optimisten das zuletzt nicht mehr erhofft hatten. Und  nun wir der Trainer gewechselt.

Die Situation ist absurd. Der Vorgänger hat, was seinem Nachfolger noch fehlt: ein Titel im deutschen Profifußball. Der erfolgreiche Terzic geht zurück ins zweite Glied, der erfolglose Rose wird sein Chef. Oder vielleicht nicht? Fest steht, dass Rose einen gültigen Vertrag mit dem BVB besitzt. Aber spätestens seit dem 33. Spieltag steht nicht mehr fest, dass er seine Stelle im Signal-Iduna-Park auch antritt. Denn der Interimstrainer Terzic hat Dortmund die Saison gerettet. Geschäftsführer Aki Watzke spricht von der Wiederbelegung eines toten Teams. Ein größeres Kompliment kann er Edin Terzic gar nicht machen. Unter Lucien Favre war der BVB zuletzt fast alles von dem schuldig geblieben, was die westfälische Borussia ausmacht: Leidenschaft, Spielfreude, Siegeswille, sogar die Heimstärke hatte sich zunehmend verflüchtig. Terzic brauchte ein paar Wochen. Aber mit jedem Spiel kehrte er alte BVB mehr auf den Rasen zurück. Und vielleicht sind die beiden aufeinanderfolgenden Spiele gegen RB Leipzig in der Bundesliga und danach im Pokalfinale sowie die letztlich souveräne Qualifikation für die europäische Eliteliga der beste Beweis dafür, wie wichtig der Coach auch für eine Ansammlung von Hochbegabten Spielern ist. Ohne Anleitung, ohne Vision und Idee sind elf Fußballer eben nichts als elf Fußballer. Erfolg muss erlaufen, er muss kreiert werden. Das macht Borussia Dortmund nun wieder. Dank Edin Terzic. Das ist eindeutig.

Und dann ist die Saison zu Ende. Und dann kommt ein neuer Trainer. Im Ernst?

Marco Rose hat sich im Februar für Borussia Dortmund und gegen Borussia Mönchengladbach entschieden. Seither läuft die Borussia vom Niederrhein ihren Zielen hinterher. Europa League sollte es mindestens sein, mit ein bisschen Glück die Champions League. Aber das Glück und auch das Geschick haben die Gladbacher verlassen, seit Rose seinen Abschied bekannt gab. Ab und an flackert auf, was diese Mannschaft zu leisten im Stande ist. Aber dem Kantersieg gegen Arminia Bielefeld folgt in München ein Debakel. Stabilität, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und eine durchgehend taugliche Spielidee haben den Borussia-Park auf wundersame Weise verlassen. Der „noch tiefere Tiefpunkt“ war am Samstag zu beobachten mit einer Niederlage nach der Christoph Kramer seiner Borussia fehlenden Mut und mangelnde Qualität im Spiel nach vorn attestieren musste. Rose kann diese Saison nun nicht mehr reparieren, er kann sie flicken, wenn Gladbach sich als Siebter für die neue Conference League qualifiziert, er kann sie kosmetisch operieren. Aber dazu ist am Samstag wahrscheinlich ein Sieg in Bremen notwendig, bei Werder, das gegen den Abstieg kämpft und in Thomas Schaaf kurz vor dem Untergang einen alten Fahrensmann ans Steuer des sinkenden Schiffes gestellt hat. Da kann alles geschehen, auch der Untergang von Gladbachs letzten Träumen. Und am Ende landen die Fohlen vielleicht sogar nur auf Platz 10 der Schlusstabelle. Totalschaden.

Und dann?

Wenn Marco Rose Glück hat, dann entscheidet sich Edin Terzic für einen der namhaften Vereine in der Bundesliga, die mit ihm in Verbindung gebracht werden. Oder jemand aus der Premier League ruft an, weil er einen offenbar ebenso talentierten wie ambitionierten Teammanager sucht. Läuft es schlecht für Rose, dann bleibt Terzic und muss Rose sich nach jeder mittelguten Leistung seines neuen Teams die Liebesbezeugung der Südkurve für Edin Terzic gefallen lassen. Es ist ja auch mindestens ungewöhnlich, dass ein Trainer, der aus einer scheinbar verkorksten Saison das Maximum gemacht hat, von einem Trainer ersetzt wird, der mit einer äußerst talentierten Mannschaft allenfalls mäßigen Erfolg produzierte. Was das mit der Leistungsgesellschaft Profi-Fußball zu tun hat, werden die Chefs der Borussia Dortmund AG den Fans nicht nur in der Südkurve nach jedem Spiel erklären müssen, das die westfälische Borussia nicht mit 3, 4 oder 5:0 gewinnt.

Gibt es einen Ausweg?

Eigentlich nicht. Die Würfel sind gefallen. Wenn Dortmund sich jetzt doch noch für Terzic entscheidet und Rose nahelegt, sich einen anderen Club zu suchen, dann verliert Dortmund Seriosität und Reputation. Fest steht allerdings schon jetzt, dass die Ausstiegsklausel von Marco Rose im Vertrag mit Borussia Mönchengladbach eine vergiftete Praline gewesen ist.