Handball Das WM-Zeugnis der deutschen Handballer

Von Arne Wohlfarth · Gensheimer, Pekeler und Wiencek sind die besten deutschen Handballer bei der Heim-WM. Warum? Und wer steht für Zukunft? Eine Bewertung mit Daten und Eindrücken.

Deutschlands Spieler um Kapitän Uwe Gensheimer (l.) und Torwart Andreas Wolff  (2.v.l.) gehen nach der 25:26-Niederlage enttäuscht vom Platz.

Foto: dpa/Ludvig Thunman

Bundestrainer Christian Prokop hat 18 Spieler bei dieser Heim-WM eingesetzt, die mit Platz vier endete. Das Zeugnis der Auserwählten.

Andreas Wolff (10 Spiele/35 Prozent gehaltene Bälle): Ordentliche Auftritte, aber keine überragenden. Es gab nicht das Andreas-Wolff-Spiel, in dem er unüberwindbar war. Der Kieler hatte es hinter der starken Deckung bisweilen auch schwer, seinen Rhythmus zu finden, weil wenige Bälle aufs Tor kamen. Im Halbfinale hätte es einen Wolff in Bestform gebraucht. Doch den gab es nicht. Note: 3

Silvio Heinevetter (10 Spiele/28 Prozent gehaltene Bälle): Fügte sich in die Rolle des Ersatztorwarts – zähneknirschend. Der Berliner machte ein starkes Spiel gegen Spanien, setzte aber sonst zu selten Akzente. Die in der Bundesliga berüchtigten Heinevetter-Momente gab es kaum. Note: 3

Uwe Gensheimer (10 Spiele/56 Tore): Er bleibt der Unvollendete. Mit der Nationalmannschaft kann der Mannheimer einfach keine Titel gewinnen. Doch dieses Mal lag es nicht an ihm. Der Kapitän ging auf dem Feld voran, lieferte klasse Leistungen ab und warf die meisten deutschen Tore. Note: 1,5

Finn Lemke (10 Spiele/2 Tore): Bei Bundestrainer Christian Prokop ist der EM-Held von 2016 der Innenblockspieler Nummer drei. Deswegen kam Lemke nur auf 150 Minuten Einsatzzeit in zehn Partien. Note: 3

Patrick Wiencek (10 Spiele/12 Tore): Mehrmals hätte er es verdient gehabt, als „Spieler des Spiels“ ausgezeichnet zu werden. Denn was der Kieler in der Deckung ablieferte, war häufig weltklasse. 16 Blocks sind WM-Bestwert. In der Offensive aber eher unauffällig. Note: 1,5

Tim Suton (3 Spiele/5 Tore): Mit 17 wollte er der „jüngste Welthandballer aller Zeiten“ werden. Rückte nun fünf Jahre später für den verletzten Martin Strobel in den Kader. Suton lieferte eine gute WM-Premiere gegen Spanien ab, zeigte aber gegen Norwegen und Frankreich, dass ihm noch einiges fehlt. Note: 3,5

Fabian Wiede (10 Spiele/24 Tore): Der Berliner war fast immer da, wenn er gebraucht wurde – außer im Halbfinale gegen Norwegen. In den wichtigen Spielen zuvor gegen Frankreich und Kroatien zeigte der 24-Jährige seine Klasse. 39 Vorarbeiten sind ein Top-Wert – der drittbeste der WM. Deswegen auch seine Nominierung in das All-Star-Team. Note: 2

Hendrik Pekeler (10 Spiele/20 Tore): Für ihn gilt das gleiche, wie für Wiencek. Der Kieler hob die deutsche Deckung auf ein anderes Niveau. Eine echte Führungsfigur. Klar in der Analyse, schnörkellos auf dem Feld. Verwandelte im Angriff aber nur 13 seiner 20 Chancen von sechs Metern. Note: 1,5

Steffen Weinhold (9 Spiele/9 Tore): Mal wieder einer der Pechvögel des Turniers. Gegen Russland noch der beste deutsche Angreifer, verletzte er sich gegen Frankreich. Danach war er mehr Zuschauer als Spieler. Note: 3

Martin Strobel (7 Spiele/10 Tore): Die Überraschung des Turniers. Als Zweitligaspieler setzte der Europameister von 2016 mehr Akzente als ihm viele zugetraut hatten. Genießt innerhalb der Mannschaft eine große Wertschätzung, die noch einmal größer wurde, als er nach seiner Kreuzbandverletzung rührende Worte an die Kollegen richtete. Note: 2

Steffen Fäth (10 Spiele/22 Tore): Ein Auf und Ab für den wohl begnadetsten Rückraumspieler in dieser Mannschaft. Stark gegen Brasilien und Island, zwei Mal unauffällig gegen Frankreich, quasi nicht präsent im Halbfinale gegen Norwegen. Aber: Der Ex-Wetzlarer schleppte sich mit kleineren Verletzungen durchs Turnier, biss auf die Zähne und stellte sich in den Dienst der Mannschaft. Note: 3

Patrick Groetzki (10 Spiele/14 Tore): Die Rolle als einziger Rechtsaußen behagte ihm nicht – und wirkte sich negativ auf die Leistungen des Linkshänders aus. Eine Quote von 56 Prozent ist für einen Mann seiner Klasse nicht gut. Note: 4

Kai Häfner (5 Spiele/7Tore): Bei der EM 2016 wurde er nachnominiert, kam nach Polen und startete durch. Nicht wenige erhofften sich eine Wiederholung dieses Märchens. Doch Häfner war kein Faktor. Seine Wurfquote von 37 Prozent ist schwach. Note: 4

Franz Semper (4 Spiele/3 Tore): Der gegen Serbien nervöse Youngster sollte WM-Luft schnuppern. Zu Recht für die Hauptrunde nicht mehr nominiert. Note: 4

Matthias Musche (10 Spiele/15 Tore): Als Back-up für Gensheimer war schnell klar, dass er wenig Einsatzzeit bekommen würde. Wenn er gebraucht wurde, war er da. Bitter, dass ihm im Spiel um Platz drei gegen Frankreich in der Schlussminute der Fehlpass unterlief, der zum K.o. in der letzten Sekunde führte. Note: 3

Fabian Böhm (10 Spiele/24 Tore): Die Entdeckung des Turniers. Er war der „Krieger“, den Prokop in ihm schon länger gesehen hatte. Sprang meistens ein, wenn Fäth schwächelte, trieb das Team immer an, übernahm Verantwortung und bestach durch seine klugen Statements außerhalb des Platzes. Note: 2

Jannik Kohlbacher (10 Spiele/24 Tore): Der Ex-Wetzlarer spielte ein starkes Turnier. Er wäre noch viel wertvoller gewesen, wenn seine Mitspieler ihn noch besser eingesetzt hätten. Note: 2

Paul Drux (10 Spiele/21 Tore): In ihm schlummert das Besondere, das immer wieder mal aufblitzt, aber eben nicht konstant. Er kann so viel, leistet sich in Regelmäßigkeit aber auch schwere Patzer. Gemeinsam mit Fäth unterliefen Drux die meisten technischen Fehler des Teams (12), auch die mannschaftsinterne Zeitstrafenliste führt er mit Pekeler und Wiencek (alle jeweils 8) an. Note: 3