Nach schwerer Krankheit Er war der „Beckenbauer des Ostens“: Hans-Jürgen Dörner gestorben

Dresden · Aus der Geschichte von Dynamo Dresden und aus der des DDR-Fußballs ist Hans-Jürgen „Dixie“ Dörner nicht wegzudenken. Er war Vorreiter einer modernen Spielinterpretation. Nach schwerer Krankheit ist Dörner nun kurz vor seinem 71. Geburtstag gestorben.

„Dixie“ Dörner ist tot.

Foto: dpa/Robert Michael

Er wurde stets als „Beckenbauer des Ostens“ betitelt, auch wenn Hans-Jürgen Dörner das selbst nie mochte. In der Nacht zum Mittwoch ist die Fußball-Legende der DDR im Alter von 70 Jahren nach langer schwerer Krankheit in seiner Dresdner Wohnung gestorben, teilte der Anwalt von Dörners Familie mit. Der gebürtige Görlitzer spielte im Erwachsenenbereich ausschließlich für Dynamo Dresden; er gewann je fünfmal die Meisterschaft und den Pokal der DDR.

Den Vergleich mit Franz Beckenbauer musste sich Dörner gefallen lassen. Ebenso wie der Münchner „Kaiser“ interpretierte der nur „Dixie“ gerufene Dörner den Libero auf ganz spezielle Art: Technisch versiert mit einem guten Auge für die freien Räume und einem unvergleichlichen Vorwärtsdrang. So markierte der gelernte Angreifer in 558 Spielen für Dynamo 101 Tore - vor allem nach Soli, aber auch per Freistoß und mit Distanzschüssen.

„Mit seinen überragenden Fähigkeiten als absoluter Ausnahmespieler hat er damals das Libero-Spiel mit besonderer Eleganz vollkommen neu interpretiert. Hervorzuheben ist gleichermaßen sein großartiges Engagement für die Belange unserer Sportgemeinschaft nach der aktiven Karriere. Seine Kompetenz und sein riesiger Erfahrungsschatz sowie seine Persönlichkeit und Menschlichkeit werden der SG Dynamo Dresden in der aktiven Gremienarbeit sehr fehlen. Aber all dies tritt in diesem Moment in den Hintergrund. Wir haben eine bewundernswerte Persönlichkeit verloren, das reißt ein großes Loch in unsere Mitte“, sagte Dynamo-Präsident Holger Scholze in einer Vereinsmitteilung.

1967 war Dörner aus Görlitz nach Dresden gekommen. „„Dynamo Dresden ist anders“, sagte er vor drei Jahren in einem dpa-Gespräch zu seinem Entschluss, für immer bei den Dynamos zu spielen. 1969 begann der rasante Aufstieg der Sachsen zum besten DDR-Club der siebziger Jahre. Erfolgstrainer Walter Fritzsch setzte auf talentierte junge Spieler, die den berühmt gewordenen „Dresdner Kreisel“ interpretierten. Und mitten drin Dörner, der sich immer mehr zu einer Führungsfigur entwickelte.

Und damit gelangte er schnell ins Visier der DDR-Auswahltrainer. 100 Länderspielberufungen gab es für Dörner mit dem Höhepunkt Olympia-Gold 1976 in Montreal. Die einzige WM-Teilnahme einer DDR-Nationalmannschaft - 1974 in der Bundesrepublik - verpasste der Dresdner wegen einer Gelbsucht-Erkrankung.

Nach seinem 100. Länderspiel endete die Auswahlkarriere genauso abrupt wie wenig später seine sportliche Laufbahn. Dörner wurde zunächst Nachwuchs-Trainer bei Dynamo, um danach in gleicher Funktion zum Deutschen Fußball-Bund (DFB) und als ein Assistent von Bundestrainer Berti Vogts zu wechseln. Dieses Engagement gab er 1996 auf, als sich Werder Bremen um ihn bemühte. Der damals abstiegsbedrohte Bundesligist, den Dörner noch bis auf Rang neun führte, war sein einziger Trainerposten im Oberhaus. Es folgten Stationen beim FSV Zwickau, Al-Ahly Kairo und VfB Leipzig.

Doch immer wieder zog es Dörner nach Dresden zurück. 2013 wurde der Fan-Liebling mit den meisten Stimmen in den Aufsichtsrat von Dynamo gewählt, dem er bis zuletzt angehörte. Später wurde er Ehrenspielführer. Auch in die „Hall of Fame“ des deutschen Fußballs wurde Dörner aufgenommen.

Im Andenken an den beliebten Fußballer will Dynamo beim Auswärtsspiel in Hannover am Sonntag mit Trauerflor auflaufen. Zudem hat der Club eine Schweigeminute beantragt.

(dpa)