Fischtown Pinguins wollen die Freezers-Lizenz

Bremerhaven (dpa) - Kurz vor der Erfüllung seines Lebenstraums darf bloß nichts mehr schief gehen. Für den sehnsüchtig erwarteten Aufstieg in die Deutsche Eishockey Liga (DEL) sollen noch fünf ausländische Profis nach Bremerhaven kommen, um die Fischtown Pinguins halbwegs konkurrenzfähig zu machen.

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Um seine wichtigen Übersee-Telefonate zu führen, geht Teammanager Alfred Prey vorsichtshalber vor die Tür seines Büros der heimischen Eisarena und lässt die Möwen über seinem Kopf kreisen. „Wir haben hier so viel Stahl verbaut, da drinnen ist der Empfang immer so schlecht“, erzählt Prey fast entschuldigend mit einem breiten Grinsen.

Eigentlich kann nichts mehr schief gehen. Die DEL-Aufnahme nach Beendigung des Lizenzierungsverfahrens Ende Juni als Nachfolger der Hamburg Freezers gilt als wahrscheinlich. „Eine gewisse Spannung liegt in der Luft. Man denkt: 'Mensch Meier, jetzt könnte es wirklich Realität werden'“, beschreibt Prey die Stimmung: „Wir haben immer das Ziel gehabt, einmal in der Beletage zu spielen. Man kann wirklich sagen, es würde ein Lebenstraum in Erfüllung gehen.“

Die Aufbruchstimmung scheint den Norddeutschen fast schon ein wenig peinlich zu sein. „Wir müssen uns in Demut und Bescheidenheit üben“, sagt Prey auch nicht ohne Grund. Denn Bremerhaven könnte vom Leid des eigenen bisherigen Kooperationspartners Hamburg profitieren, wo der Eigner, die Anschutz Entertainment Group (AEG), aus Kostengründen keine neue Lizenz mehr beantragte. „Es ist kein Grund zum Jubeln, wenn ein Eishockey-Standort verschwindet und Spieler ihre Arbeitsplätze verlieren“, sagt Pinguins-Kapitän Marian Dejdar.

Zudem ist offiziell unklar, ob Bremerhaven wirklich der einzige Club ist, der sich als Nachrücker beworben hat, wie überall in der Branche kolportiert wird. „Ich weiß es selbst nicht“, meint Prey, sagt aber auch: „Wenn ich frage, sagt mir jeder: 'Wir haben uns nicht beworben.'“ Dass die Unterlagen aus Bremerhaven durchfallen, gilt eher als unwahrscheinlich. Seit Jahren legen die Pinguins vorsorglich ihre Zahlen vor, um für den Fall wie jetzt, dass eine Lizenz frei wird, gewappnet zu sein. Der Club weiß genau, was die Liga fordert.

Erstliga-Eishockey an der Nordsee - das mutet in der hierzulande ur-bayrischen Sportart recht exotisch an. „Wir sind doch hier in der Eishockey-Diaspora“, sagt Prey selbst: „Dreißig Kilometer weiter nördlich sind wir mitten in der Nordsee, im Westen und Süden ist die Unterweser, im Osten die Elbe.“

Dabei müsste sich der Club mit seiner Spielstätte in der DEL nicht verstecken. Seit fünf Jahren spielen die Pinguins in der von innen schicken, 4425 Zuschauer fassenden Eisarena. In der zweiten Liga kamen zuletzt 4280 Zuschauer im Schnitt. Damit hätte Bremerhaven in der vergangenen Saison noch drei DEL-Teams hinter sich gelassen.

„Vom Volumen her, was wir leisten können, habe ich keine Angst“, meint Prey: „Ich sehe da Entwicklungsspielraum.“ Den muss es wohl auch geben, denn um dauerhaft sportlich mitzuhalten, fehlt noch einiges. In der DEL dürfte der Etat auf 3,5 Millionen Euro steigen. Damit wäre der potenzielle Neuling aber immer noch abgeschlagenes DEL-Schlusslicht. Selbst die finanzschwächeren DEL-Clubs aus Augsburg, Straubing, Krefeld, Schwenningen und Iserlohn haben nach Schätzungen einen Etat von jeweils mindestens fünf Millionen Euro.

Das finanzielle Fundament fußt auf 140 Sponsoren, den Zuschauern und der heimischen Kommune. Nach Angaben der „Nordsee-Zeitung“ erhalten die Pinguins 800 000 Euro pro Jahr von der Stadt Bremerhaven. Ein solches finanzielles Konzept kommt manch einem wie eines aus grauer Vorzeit des Profisports in Deutschland vor. Überall dort, wo in der DEL erfolgreich Eishockey gespielt wird, stehen finanzkräftige Geldgeber oder Mehrheitsgesellschafter dahinter. „Wir sollten den Bremerhavener Weg gehen und die Region mobilisieren“, sagt Prey und stellt sofort klar: „Wir werden nie überschüttet sein mit Geld.“

Bremerhaven in der DEL - das dürfte eine Nischenrolle werden. Und wenn es schief geht? „Ich bin leidensfähig“, sagt Prey. Das glaubt man ihm sofort. Auf seinem Schreibtisch steht eine blaue Tasse mit einem Löwen drauf. Der „assimilierte Norddeutsche“ und ursprüngliche Bayer ist Fan des Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München.