Spiel um Platz 3 Bitterer WM-Abschluss: Deutsches Eishockey-Team erlebt Demütigung
Deutschlands lange famoses Eishockey-Team hat zum Abschluss der WM in Riga eine Demütigung erlebt. Das Spiel um Bronze verlor die Auswahl von Bundestrainer Toni Söderholm am Sonntag in Riga deutlich.
Keine Kraft mehr, keine Medaille. Deutschlands lange famoses Eishockey-Team hat zum Abschluss der WM in Riga eine Demütigung erlebt und sich nicht mit der erhofften ersten WM-Medaille seit 68 Jahren belohnt. Nur 21 Stunden nach der unglücklichen Halbfinal-Niederlage gegen Finnland wurde die müde und mental ausgebrannte Auswahl von Bundestrainer Toni Söderholm am Sonntag im Spiel um die Bronzemedaille von den USA beim 1:6 (0:1, 0:4, 1:1) deklassiert. WM-Debütant Dominik Bittner von den Grizzlys Wolfsburg erzielte das einzige deutsche Tor (50. Minute), als das Spiel längst entschieden war.
Christian Wolanin (6.), Conor Garland (27.), Jack Drury (29.), Jason Robertson (32.), Trevor Moore (33.) und Ryan Donato (50.) sicherten den US-Boys die insgesamt achte WM-Bronzemedaille. Deutschland belegte wie zuletzt bei der Heim-WM 2010 Platz vier.
Was vor elf Jahren indes noch einer Sensation glich, fühlt sich nun an wie eine Enttäuschung - was auch an der Lehrstunde zum Abschluss lag. Insgeheim hatte sich das Team des Deutschen Eishockey-Bunds (DEB) mehr ausgerechnet und gar auf den Weltmeister-Titel geschielt. In der Tat hatte am Samstag zum ersten WM-Finale seit 91 Jahren nicht viel gefehlt. Beim 1:2 gegen die Heimat Söderholms war Deutschland die bessere Mannschaft, hatte aber kein Glück und leistete sich zudem zwei folgenschwere individuelle Patzer, die von den effektiven Finnen gnadenlos ausgenutzt wurden. „Man muss das Ergebnis respektieren, auch wenn es unglaublich weh tut“, hatte Söderholm gesagt.
Seine Spieler gaben sich nach der bitteren Niederlage entschlossen, am Sonntag zumindest Platz drei und damit das beste WM-Ergebnis seit Silber 1953 zu sichern. „Wir werden uns morgen Bronze holen, egal wie“, hatte Abwehr-Routinier Korbinian Holzer gesagt.
Dies gelang nicht, weil auch der mentale Kraftakt nicht klappte. „Es war nicht einfach, das zu verarbeiten“, bekannte Söderholm schon vor dem Spiel bei Sport1 angesichts der Niederlage am Samstagabend. Torhüter Mathias Niederberger, der die schnelle Fokussierung auf eine mögliche Medaille nach dem 1:2 gegen die Finnen als „Challenge“ bezeichnet hatte, saß gegen die USA dann auch nur auf der Bank.
Ersatzmann Felix Brückmann war aber schon nach gut fünf Minuten beim ersten US-Torschuss überhaupt überwunden. Der starke Verteidiger Wolanin nahm Matthias Plachta den Puck ab, startete ein Solo und vollendete. Schon wieder musste die deutsche Auswahl in ihrem zehnten Spiel binnen 16 Tagen wie zuvor bereits im Halbfinale gegen die Finnen und im Viertelfinale gegen die Schweiz einem Rückstand hinterherlaufen. „Wir müssen jetzt langsam aufwachen“, warnte Verteidiger Moritz Seider in der Drittelpause.
Indes geschah das Gegenteil. Deutschland tat sich in der Offensive gewohnt schwer, während die USA gnadenlos Chancen nutzte. Mit jedem Gegentor wurden die deutschen Beine schwerer, selbst in doppelter Überzahl wollte kein Treffer mehr fallen. Zu allem Überfluss musste auch noch Kapitän Moritz Müller verletzt vom Eis. Der Ehrentreffer gelang im Schlussdrittel dann doch, war am Ende aber viel zu wenig.
Ein Erfolg ist die WM in der Gesamtbetrachtung dennoch. Die Entwicklung im deutschen Eishockey mit immer mehr NHL-Leistungsträgern, von denen die besten - Deutschlands Sportler des Jahres 2020 Leon Draisaitl, Torhüter Philipp Grubauer und Top-Neuling Tim Stützle - in Riga gar nicht dabei waren, schreitet voran. Nach der sensationellen Olympia-Silbermedaille 2018 begeisterte zumindest bis zum Samstag wieder eine leidenschaftliche Auswahl mit bestem Teamgeist und Kampfkraft. In der Vorrunde gelang mit dem ersten WM-Sieg seit 25 Jahren gegen Kanada (3:1) zudem Historisches. „Ich glaube, dass ganz Eishockey-Deutschland stolz ist, wie sich die Mannschaft hier präsentiert hat“, sagte Söderholm, der sich selbst fast ergriffen über seine Auswahl äußerte.
Der Erzrivale Schweiz, den Deutschland im Viertelfinale nach Penaltyschießen niedergerungen hatte, gilt mit zwei Final-Teilnahmen 2013 und 2018 als Vorbild. In der für die WM-Gruppen-Einteilung und die Olympia-Qualifikationen wichtigen Weltrangliste festigte Deutschland mit dem WM-Ergebnis Rang sieben vor der Schweiz und vergrößerte den Vorsprung auf die Eidgenossen noch.