Kein Greiss, kein Endras - WM-Team ohne Top-Torhüter?
Basel (dpa) - Mit dem besten Kader seit Jahren reist das Eishockey-Nationalteam zur Weltmeisterschaft nach Russland - die Torhüter-Position könnte allerdings zum Problem zu werden.
Ausgerechnet auf der seit jeher wichtigsten Position für deutsche Teams hat Bundestrainer Marco Sturm bei seiner WM-Premiere nur drei international wenig erfahrene Goalies zur Verfügung. Deshalb hoffte der Deutsche Eishockey-Bund bis vor wenigen Tagen noch inständig auf ein Kommen des in der NHL derzeit überragenden Thomas Greiss.
„Greiss wäre schon eine enorme Verstärkung“, sagte DEB-Präsident Franz Reindl über den Keeper der New York Islanders: „Was der zur Zeit hält, ist ja unglaublich. Der würde uns wirklich noch enorm weiterhelfen.“ Greiss hält aber so überragend, dass er in den Playoffs der besten Liga der Welt weiter gebunden ist. Anders als im Angriff mit Leon Draisaitl und Tobias Rieder sowie in der Abwehr mit Christian Ehrhoff und Korbinian Holzer kann Sturm im Tor also nicht auf einen weiteren Nordamerika-Profi bauen.
Weil auch der WM-Held von 2010, Dennis Endras, diesmal verletzt ausfällt, müssen es nun Ingolstadts Timo Pielmeier, Mathias Niederberger von der Düsseldorfer EG oder Felix Brückmann aus Wolfsburg richten. „Pielmeier ist der Einzige, der noch ein bisschen internationale Erfahrung hat, aber auch nicht so viel“, gestand Sturm im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur bereits. Wie wichtig die Position ist, weiß auch der deutsche NHL-Rekordprofi: „Ein durchschnittlicher Torhüter ist einfach nicht gut genug.“
In der Deutschen Eishockey Liga hat sich das Trio mit herausragenden Leistungen empfohlen. Pielmeier führte die Ingolstädter vor zwei Jahren zum Titel und 2015 noch einmal ins Finale. Niederberger wurde als DEL-Torhüter dieser Saison ausgezeichnet. Der 23-Jährige steht aber ebenso vor seinem WM-Debüt wie Brückmann, einer der Garanten für Wolfsburgs Vize-Meisterschaft. Einen Keeper, der Siege beinahe im Alleingang retten kann, wird das Team möglicherweise vermissen.
„Das ist auch nicht einfach. Man wird irgendwie reingeschmissen bei der WM, auswärts noch dazu. Man steht da sowieso schon unter Druck“, sagte Bundestrainer Sturm. Wer die Nummer eins sein wird, will der Trainer-Novize erst nach dem letzten WM-Testspiel am Dienstag (19.45 Uhr) gegen die Schweiz in Basel verkünden.
Als aussichtsreichster Kandidat für den Stammplatz gilt Pielmeier, der 2015 bereits zweiter Mann hinter Endras bei der WM war. „Das ist natürlich alles noch mal viel schneller“, sagte Pielmeier aber bereits über den Unterschied zur DEL.
Vor allem Endras hätte auch Sturm gern mitgenommen. Der Mannheimer wurde 2010 zum besten WM-Spieler gewählt und führte Deutschlands mit Weltklasse-Aktionen in Serie sensationell bis ins Halbfinale. Jetzt leidet er noch an den Folgen eines Adduktoreneinrisses. „Er wäre für uns ein wichtiger Mann“, haderte Sturm. „Aber es ist leider so. Ich denke schon, dass die anderen drei Torhüter das meistern können.“
Ein starker Rückhalt im Tor dürfte auch bei dieser Weltmeisterschaft eine immense Rolle spielen, gerade weil sich - im Gegensatz zur glänzenden Offensive - die Defensive bisher als Schwachpunkt herausstellte. „Wir müssen defensiver noch kompakter spielen, mehr den Spielplan umsetzen“, forderte Pielmeier.
Ob Ehrhoff und Holzer, die in Chicago und Anaheim keine Stammplätze hatten, die Erwartungen so wie die Stürmer Draisaitl und Rieder erfüllen, bleibt abzuwarten. Ehrhoff steigt erst in Basel in die Vorbereitung ein, Holzer kommt direkt nach Russland.