Chaos bei den Krefeld Pinguinen Palast-Revolution an der Westparkstraße
Krefeld · Als Roger Nicholas am Montagvormittag die Geschäftsstelle der Krefeld Pinguine betrat, gab es Gesprächsbedarf.
Gegen 13 Uhr saßen Nicholas und Teile des Teams aus der Geschäftsstelle dann zusammen. Die Nicht-Erreichbarkeit des US-Amerikaners übers Wochenende hatte auch bei den Pinguine-Mitarbeitern für Fragezeichen gesorgt. Während der 62-Jährige seinem Team die Situation rund um die bevorstehende Trennung von Daniel Pietta und die weitere Vorgehensweise erläuterte, blieben Medienanfragen weiter unbeantwortet.
Ein für Dienstagvormittag geplantes Interview mit dieser Redaktion wurde von Nicholas kurzerhand abgesagt. Beim Verein wolle man die Situation beruhigen und werde sich zeitnah selber äußern, hieß von einer Vereinsmitarbeiterin. Für Dienstag wird ein Statement des Vereins erwartet.
„Es gibt wichtige Entscheidungen für die Zukunft zu treffen“
Keine zwei Wochen ist der 62-Jährige als Sportlicher Leiter und Geschäftsführer im Amt, da knarzt es bereits gewaltig beim Krefelder DEL-Klub. Eingesetzt mit Vollmachten von Stefano Ansaldi, dessen Unternehmen Save’s AG seit Mitte April 80 Prozent der Anteile an der Krefeld Pinguine Eishockey GmbH hält, ist Nicholas die Aufgabe zugeteilt worden, einen Umbruch bei den Schwarz-Gelben einzuleiten. „Es gibt in den nächsten Wochen wichtige Entscheidungen für die Zukunft des Krefelder Eishockeys zu treffen. Da dürfen wir keine Zeit verlieren und gehen diese gemeinsam an“, hatte Ansaldi vor einer Woche in einer offiziellen Mitteilung des Vereins betont. Sieben Tage später liegt nach dem Trennungsgespräch mit Pietta vieles im Unklaren.
Die aktuelle Außendarstellung des Vereins verunsichert nicht nur das eigene Team und die Fans, sondern auch Sponsoren und Gesellschafter – und damit wichtige Geldgeber. Einer von ihnen ist Dirk Wellen. Der Krefelder Unternehmer, der mit seiner Übernahme der Anteile von Mikhail Ponomarev erheblich zur Rettung der Pinguine beitrug, spricht nach den personellen Konsequenzen der Vorwache Klartext. „Es wurden sehr schnell, sehr viele Entscheidungen getroffen. Das kann so in Zukunft nicht weiter funktionieren.“
Wellen bemängelt, dass es zwischen der Hauptanteilseignerin und den weiteren Gesellschaftern keine Verständigung zu den Personalentscheidungen gegeben hätte. „Daniel Pietta ist eine Ikone in Krefeld. Man muss sich darüber bewusst sein, welch eine Tragweite diese Entscheidung in der Stadt hat“, sagt Wellen und ergänzt: „Noch einmal stelle ich mich nicht vor die Fans.“ Denn der Großteil der Anhänger ist ob des bevorstehenden Pietta-Abgangs und weiterer möglicher Trennungen von Stammspielern mächtig angefressen. „Das ist doch verständlich“, findet Wellen, der zusammen mit den weiteren Gesellschaftern Wolfgang Schulz, Hugo Hendricks und Hermann Borgmann gegenüber Nicholas ebenfalls bereits deutlich machte, dass man nicht gewillt sei, den Weg der Einzelentscheidungen durch die Save’s AG mitzugehen. „Wir brauchen jetzt schnell positive Nachrichten, ansonsten sehe ich den DEL-Standort Krefeld massiv in Gefahr“, fordert Wellen ein Miteinander unter den Geldgebern ein.
Roos: „Es macht die Suche sicherlich nicht einfacher“
Zu diesen gehören bei den Krefeld Pinguinen seit Jahren auch die städtischen Tochterunternehmen. Sparkasse, Stadtwerke und Wohnstätte leisten einen erheblichen Beitrag zur Finanzierung des Eishockeyvereins und machen damit Jahr für Jahr eine Lizenzierung in der höchsten deutschen Eishockeyspielklasse erst möglich. Treffen zwischen der neuen Sportlichen Leitung und den Vorständen der drei Unternehmen haben nach Informationen dieser Redaktion bislang noch nicht stattgefunden. Dabei drängt die Zeit. Bis 25. Mai müssen die Lizenzunterlagen bei der Deutschen Eishockey Liga (DEL) vorliegen. Auf die Erfüllung dieser Anforderungen liege auch Nicholas’ Hauptaugenmerk, hatte der 62-Jährige zu seinem Dienstantritt gesagt. Warum mit Pietta in Zeiten einer ligainternen Transfersperre bis zum 30. Juni dennoch bereits jetzt auch das wichtigste Werbegesicht des Vereins vom Hof gejagt werden soll, bleibt ebenfalls ein Rätsel.
Die Außenwirkung ist schlichtweg chaotisch. Auf der Suche nach neuen, vornehmlich lokalen Sponsoren könnte Piettas Abgang schnell zum Bumerang werden. „Es macht die Suche sicherlich nicht einfacher“, sagt Matthias Roos. Der langjährige Geschäftsführer der Pinguine will sich öffentlich zu den sportlichen Entscheidungen von Nicholas nicht äußern, weiß aber natürlich um die Strahlkraft eines Daniel Pietta, der bereits seit der Jugend für die Schwarz-Gelben auf Torejagd geht.
Es müssen schnell neue Perspektiven geschaffen werden, vor allem auch im Kader. Sollten sich die Abgänge weiterer potentieller Stammspieler wie Kapitän Torsten Ankert, Stürmer Martin Schymainski oder Torwart Oskar Östlund in den kommenden Tagen bestätigen, brauchen die Pinguine dringend frisches Personal. Ein neues Gerüst im Team muss aufgebaut werden, die Importstellen danach besetzt werden.
Am Montag war Sergej Saveljevs darum bemüht, die Wogen zu glätten. Nach Informationen dieser Redaktion soll der Assistent der Sportlichen Führung, der sich im Internet auch bereits als Scouting-Koordinator und Co-Trainer bei den Pinguinen bezeichnet, versucht haben, Spieler davon zu überzeugen, dass es eine gemeinsame Zukunft gebe. Doch die Stimmung im Team ist gedrückt. Der Umgang mit Pietta hat viele Spieler verunsichert. Innerhalb der Mannschaft geht die Sorge um, dass weitere Trennungsgespräche folgen. Denn ein bestehender Vertrag scheint nach dem Beispiel von Pietta keine Absicherung zu sein. Dessen Zehnjahreskontrakt läuft noch bis 2025. Eine entsprechend hohe Abfindung werden die Pinguine zahlen müssen. Eine Hypothek beim Neuaufbau.