Historie: Schwarz-gelbe Spaßgesellschaft

25 000 Fans feiern mit dem Team von Butch Goring auf dem Theaterplatz den Titelgewinn.

Krefeld. Die Erinnerung hat immer noch Gänsehaut-Garantie: Als vor fast genau zehn Jahren, am 21. April 2003, die Krefeld Pinguine nach einem 3:1-Sieg in Köln die Deutsche Eishockey-Meisterschaft gewannen und abends auf dem Theaterplatz mit sage und schreibe 25 000 Anhängern feierten, da war dies „nur“ der krachende Schlussakkord nach einer unfassbaren Play-off-Party.

Irgendwie war gleich zu Beginn der K.o.-Runde der berühmte Funke übergesprungen. Die starken Leistungen des Teams entfachten ein Feuer der Begeisterung — weit über die Gruppe der Eishockey-Fans hinaus in ganz Krefeld. Schwarz-Gelb war damals in Straßenbild der Stadt wohl öfter vertreten als Weihnachtsdekorationen an Heiligabend.

Wer irgendetwas mit Eishockey zu tun hatte, wunderte sich, wie viele alte längst vergessene Freunde sich plötzlich meldeten; nur um spätestens im zweiten Satz ihr Ansinnen zu erklären: „Ich brauche noch KEV-Karten.“ Kneipen mit Pay-TV hatten Hochkonjunktur, in der rappelvollen Rittberger-Halle wirkte das Public Viewing — Jahre vor dem Fußball-Sommermärchen — wie ein Eismärchen.

Unter den Pinguine-Fans kursieren Hunderte von Anekdoten rund um diese Wochen des Ausnahmezustandes. Geschichten um die Helden von damals. Geschichten, wie die von Trainer Butch Goring, der nachts bei den vor der Rheinlandhalle kampierenden Fans auftauchte und ihnen unter tosendem Applaus die Meisterschaft versprach.

Geschichten wie die von Torhüter Robert Müller, der seinen Kameraden nach dem 1:0 der Kölner im entscheidenden Spiel versprach: „Ich lasse keinen mehr rein.“ Oder die des jungen Christian Ehrhoff, der mitten im entfesselten Siegesjubel seiner Kameraden ungläubig-staunend und völlig entrückt mit einer kleinen Videokamera die Bilder des Jubels festhielt.

Das Staunen des Jungstars war auch verständlich, denn nach der „reinen Lehre des Eishockeys“ hätten die Pinguine eigentlich nicht Meister werden können. Gestartet mit dem Ziel Halbfinale, wurde Trainer Chris Valentine nach holperigem Saisonverlauf im Dezember 2002 durch Butch Goring ersetzt. Nach etwas Zittern reichte es nur zu Platz sechs der Vorrunde.

Hinzu kam: Zehn Leistungsträger (später wurden es gar 15) würden den Klub verlassen, woher sollte da noch Mannschaftsgeist kommen? Und: Die Pinguine hatten nur eine „Scoring-Line“, eigentlich zu berechenbar, um Meisterschaften zu gewinnen. Zudem: Torhüter Robert Müller hatte gerade einmal seine erste Saison als Nummer eins absolviert, eigentlich noch kein Sicherheitsgarant.

Doch alles kam anders: Robert Müller spielte die Serie seines Lebens: unerschütterlich, unüberwindbar. Das magische Dreieck Christoph Brandner, Brad Purdie und Patrick Augusta machte die wichtigen Tore. Und der Mannschaftsgeist? Dafür hatte Trainer Goring das richtige Rezept: „Der riecht den Titel, dem braucht man nichts zu sagen“, sagte er über den scheidenden Oldie Günther Oswald. „In den Spielen in Düsseldorf haben wir gemerkt, wir haben‘s drauf“, sagte damals Robert Müller. Fortan galt für das Team Gorings Wort von der „Spaßgesellschaft“.

Den Krefelder Spaß konnten Düsseldorf (4:1), Berlin (3:2) und Köln nicht teilen. Vor allem das Überzahlspiel der Pinguine war eine Spaßbremse für die Gegner. „Nicht jeder bringt die Fähigkeiten fürs Powerplay mit, letztlich ist die Kombination der Spieler entscheidend“, sagt Christian Ehrhoff, damals als Youngster in Formation zwei für die Schlagschüsse zuständig.

Krefelds Kombination: Geführt von Powerplay-Professor Dan Lambert an der blauen Linie wurde das magische Dreieck zur „tödlichen Waffe“: der wieselflinke Purdie, der zweikampfstarke Augusta sowie Brandner mit seiner Reichweite und seinem Torriecher. Die Pinguine entschieden gleich mehrere Partien in Überzahl, manchmal noch vor dem ersten Schuss — im „Kampf der Köpfe“.

Denn in allen drei Runden ging der Kopf der Gegner runter, wenn der Arm der Schiedsrichter wegen einer Strafzeit rauf ging. Vielleicht war es diese Ausstrahlung von Selbstbewusstsein und Autorität, die allem „eigentlich“ zum Trotz zur Siegesfeier auf den Theaterplatz führte.

Mehr über die Krefelder Eishockey-Helden von 2003 lesen Sie in der Samstagsausgabe der WZ Krefeld.