Interview Krefeld Pinguine - "Wir brauchen neue Gesellschafter"

Matthias Roos, Sportdirektor der Pinguine, spricht über notwendige Veränderungen in der GmbH und warum der Abstand zu den Konkurrenten so groß geworden ist.

In dieser Woche laufen die letzten Vorbereitungen für den Trainingsauftakt der Pinguine am Mittwoch, 1. August. Sportdirektor Matthias Roos spricht über aktuelle Themen.

Sie haben gerade Ihren Urlaub beendet. Was sind Sie für ein Urlauber — einer mit Handy oder ohne?

Matthias Roos: Da ich viel in Nordamerika bin, schalte ich das Handy aufgrund der Zeitverschiebung irgendwann aus. Grundsätzlich ist es tagsüber an, am Strand aber nicht unbedingt. Ganz abschalten kann man in dem Job ohnehin nicht.

Ist Nordamerika denn mehr eine persönliche Liebhaberei als Urlaubsziel oder auch dem Job geschuldet?

Roos: Sowohl als auch. Ich versuche zwar Berufliches und Privates zu trennen, aber das ist nicht immer möglich.

Sie sind jetzt ein Jahr Sportdirektor und Geschäftsführer. Diese Konstellation ist nicht ideal. Wie lange sind Sie noch in beiden Funktionen tätig, lieber sind Sie ja Sportdirektor?

Roos: Die Situation ist vergangenes Jahr aufgrund des Ausscheidens von Karsten Krippner entstanden. Kurz vor Saisonbeginn wollten unsere Gesellschafter keinen neuen Mann auf der Position des Geschäftsführers installieren. Da mein Vertrag bis zum 30. April befristet ist, werden wir uns voraussichtlich im Oktober/ November zusammensetzen, die Situation bewerten und schauen, wie es weitergeht.

Der Vertrag als Geschäftsführer ist befristet?

Roos: Der als Sportdirektor. In einer Zusatzvereinbarung ist die Geschäftsführertätigkeit geregelt, jedoch an das Ende des eigentlichen Arbeitsvertrags gekoppelt.

Das heißt Sie bleiben in beiden Funktionen bis zum Frühjahr 2019?

Roos: Das wird sich zeigen und hängt davon ab, wie die Gespräche im Herbst verlaufen.

Sport und Finanzen der Pinguine laufen seit drei Jahren so, dass Renovierungsbedarf besteht. Ist es da nicht notwendig, Sportdirektor und Geschäftsführer zu trennen?

Roos: Das ist sehr kritisch formuliert, aber vertretbar. Im sportlichen Bereich wurden wir zwei Mal Letzter, im wirtschaftlichen Bereich haben wir uns nicht so entwickelt, wie wir uns das vorgestellt haben.

Um etwas anzuschieben, braucht es doch Ideen und damit auch Personal.

Roos: Richtig, aber es hängt auch davon ab, mit welchen Kollegen man zusammenarbeitet. Der Vertrieb wurde lange kritisiert, es sei keine Entwicklung erkennbar, damit auch keine Erhöhung der Einnahmen aus Werbung und Sponsoring. Hier haben wir Veränderungen vorgenommen und neue Ideen umgesetzt.

Es wurde eher Bestandpflege betrieben als neue Kunden zu akquirieren.

Roos: Korrekt, in der Konsequenz blieb eine positive Entwicklung aus, was zu Verlusten geführt hat. Im Moment bekommen wir jedoch viel Lob für unsere Arbeit und sind auf einem guten Weg. Wenn das Sportliche passt, ist es einfacher, neue Werbepartner zu finden und mit bestehenden Partnern über verbesserte Konditionen zu diskutieren.

Geld ist die eine wesentliche Komponente im Sport. Erfolg die andere. Was sind Ihre Kriterien für Erfolg?

Roos: Es ist nicht nur ein Tabellenplatz oder eine Punktezahl - gleichwohl lügt eine Tabelle nach 52 Spieltagen nicht. Daran werden wir alle gemessen. Wir haben im sportlichen Bereich ein neues Trainerduo und einen Umbruch im Team vollzogen. Einen ähnlichen Umbruch hat es auch in der Geschäftsstelle und im wirtschaftlichen Bereich gegeben.

Ist Erfolg planbar? Wenn ja, wie?

Roos: Grundsätzlich ja, jedoch nicht bis ins letzte Detail. Es gibt Faktoren, auf die man nur bedingt Einfluss hat, was wir letzte Saison leidvoll in Form des Verletzungspechs erfahren haben. Wir erwarten, dass sich mit dem von den Trainern veränderten Spielsystem der Erfolg einstellen wird. Die Mannschaft ist nach diesen Kriterien zusammengestellt.

Was ist denn das Merkmal des neuen Spielsystems?

Roos: Da möchte ich den Trainern nicht vorgreifen. Sie haben sich im Juni bei Brandon Reid für ein Wochenende getroffen, die Saisonplanung und alle Details für das neue Spielsystem besprochen.

Aber der Fan wird es erkennen?

Roos: Da können Sie sicher sein. Als Herr Schulz und ich uns ein Spiel in Aalborg angeschaut haben, war Herr Schulz nach wenigen Minuten begeistert, wie strukturiert Aalborg gespielt hat.

Die Fans werden eine zu rund 50 Prozent personell renovierte Mannschaft sehen. Erzählen Sie doch mal bitte die kuriosesten Aspekte bei den Verpflichtungen für die kommende Spielzeit.

Roos: Da gab es nichts wirklich Kurioses. Ich freue mich, dass Jacob Berglund und Garrett Noonan nun bei uns spielen. Mit Beiden hatten wir uns bereits vor der vergangenen Saison beschäftigt. Das Duo Chad Costello und Greger Hanson hat in Nordamerika schon zusammengespielt. Mit Martin Lefebvre und Philip Bruggisser haben wir die beiden Top-Verteidiger der vergangenen Saison in Dänemark geholt.

Es ist das zweite Mal, dass Sie als Sportdirektor den Kader zusammengestellt haben. Was was haben Sie diesmal anders gemacht?

Roos: Wir hatten in der Saison 2016/2017 Wert auf offensive Verteidiger gelegt, am Ende aber zu wenig auf defensive Stabilität geachtet. Das ist nun anders. Die zweite Reihe hat nicht so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt hatten. Hanson, Berglund und Costello werden deutlich stärker auftreten. So hat unsere erste Reihe nicht permanent den Druck, Spiele gewinnen zu müssen, wie dies in der vergangenen Saison der Fall gewesen ist.

Zweite Reihe ist ein schönes Stichwort — vor drei Jahren hat ihr Vorgänger Rüdiger Noack nach der Saison im Interview mit unserer Zeitung gesagt: Wir brauchen eine zweite Reihe, die mehr punktet. Was ist so schwierig daran, das in drei Jahren nicht hinzukriegen?

Roos: Je weniger Geld man für diese Reihe zur Verfügung hat, desto größer ist letztlich das Risiko. Wir hatten mit Marcel Müller, Dragan Umicevic und Nicolas St-Pierre drei Spieler, die ihrem Marktwert entsprechend viel Geld verdient haben. Bei unserem Budget hatte das zur Konsequenz, dass wir für die zweite Reihe genauso viel Geld hatten wie für die dritte Formation. Mit Jordan Caron und Kirill Kabanov haben wir nun zwei Spieler, die weniger verdienen als zuletzt Müller und Umicevic. Die Differenz haben wir in die zweite Reihe investiert. Unser bestbezahlter Verteidiger verdient deutlich weniger als St-Pierre im vergangenen Jahr.

Wie hoch bewerten Sie die Abhängigkeit des Erfolgs eines Teams von der Qualität der Transfers?

Roos: Ich sehe die Neuverpflichtungen als wichtigen Punkt an, die Abhängigkeit jedoch nicht zu hoch. Es geht beispielsweise auch um Teamspirit. Wir brauchen eine Mannschaft, eine Einheit, Charakter — nicht nur Einzelkönner. Insgesamt die richtigen Spieler für das gewählte Spielsystem. Was Pavel Gross über Jahre in Wolfsburg geleistet hat, muss eigentlich Vorbild für jeden Club sein. Seine Teams haben die Kleinigkeiten immer besser gemacht als alle anderen Clubs. Damit kann man den Abstand zu Top-Clubs minimieren. Deshalb war Pavel Gross auch 2016 und 2017 mit Wolfsburg im Finale.

Wie bewerten Sie denn die Rahmenbedingungen für Profi-Eishockey in Krefeld?

Roos: Dass wir ab Herbst wieder eine dritte Eisfläche haben, ist sehr wichtig. Die Grundgegebenheiten sind da, auch wenn auf der anderen Straßenseite Einiges renovierungsbedürftig ist. Wir hatten das zweitkleinste Budget in der DEL, Bremerhaven hat seines erhöht. Die aktuellen Zahlen aus der Lizenzierung werden uns zum Jahresende vorliegen.

Bei der Standortfrage wird das Hallenthema seit drei Jahren hochgespielt. Wie begegnen Sie der These, dass diese Diskussion ein schönes Ablenkungsmanöver ist? Mit einem wesentlich schlechteren Mietvertrag war die Mannschaft vor Jahren Tabellenzweiter.

Roos: Die These halte ich für Quatsch. Als die Pinguine Zweiter waren, sind die Verhältnisse in der Liga anders gewesen. Da hatten die Top-Teams noch nicht den vier- oder fünffachen Etat von dem, was die Pinguine aktuell haben. Vor sechs Jahren war das Verhältnis des Budgets 1:3. Letzte Saison war es 1:5, kommende womöglich 1:6. Die Schere geht immer weiter auseinander.

Das heißt, alle anderen wachsen — nur die Pinguine nicht.

Roos: Das ist leider richtig. Im wirtschaftlichen Bereich sind die Pinguine in den letzten zehn Jahren nicht gewachsen. Alle Beteiligten müssen sich eingestehen, dass es in dieser Zeit nicht gelungen ist, die Werbeeinnahmen zu erhöhen. Zusätzlich hat es eine negative Entwicklung des Zuschauerschnitts in den letzten Jahren gegeben, was mit der Tabellensituation und den Ergebnissen in den Heimspielen zusammenhängt.

Bedarf es denn auch eines Wechsels in der Führung der GmbH, um Impulse zu setzen?

Roos: Ich sehe das Problem nicht in der Gesellschafterstruktur oder bei den Gesellschaftern. Herr Schulz, in seiner Funktion als Vorsitzender des Aufsichtsrats, hat wiederholt mitgeteilt, dass er gerne übergeben und weitere Gesellschafter hinzunehmen möchte. Es gab aber schlichtweg Niemanden, der wirklich Interesse hatte einzusteigen und Geld in die Hand zu nehmen. Für uns ist zunächst wichtig, einen neuen Dreijahresvertrag für die Nutzung des König-Palasts abzuschließen. Nur so lässt sich eine mittelfristige Perspektive bieten.

Zuletzt geisterte der Name Ponomarev als neuer Gesellschafter durch die Stadt?

Roos: Das habe ich gelesen.

Ihn aber noch nicht gesehen?

Roos: Zuletzt habe ich ihn bei unserem Heimspiel gegen Düsseldorf gesehen.

Tatsache ist aber auch, Herr Schulz will sich zurückziehen. Wenn man nicht wächst, braucht es doch neue Impulse. Wie soll der Spagat denn gelingen?

Roos: Deshalb brauchen die Krefeld Pinguine neue Gesellschafter, um eine Zukunft zu haben und den DEL-Standort sichern zu können.