Interview mit Marcel Noebels: "Krefeld ist und bleibt mein Heimatteam"

Marcel Noebels, der seine Karriere bei den Krefeld Pinguinen begann, ist jetzt in der NHL für die Philadelphia Flyers gedraftet worden. Im kommenden Jahr kann er sich vorstellen, wieder für Krefeld zu spielen.

Krefeld. Du bist vor gut einer Woche gedraftet worden (Runde 4, Position 118 von den Philadelphia Flyers). Was war das für ein Gefühl, dort zu sitzen und zu hören, wie einer nach dem Anderen gezogen wird?

Noebels: Das war natürlich enorm aufregend! Es war natürlich auch besonders spannend dadurch, dass natürlich immer mehr Nervosität aufkommt, wenn man nicht gezogen wird. Aber wenn es dann so weit ist und dein Name endlich genannt wird, dann ist einfach alles super und man freut sich einfach nur auf die Mannschaft von der man gezogen worden ist, auf die Leute, auf das ganze Drumherum und ist neugierig auf das was kommt.

Kann man die Aufregung denn vielleicht mit einem wichtigen Spiel oder so etwas vergleichen, oder ist das etwas völlig anderes?

Noebels: Nein, das ist schon etwas ziemlich Anderes. Ich meine… es ist ja etwas, das man nun nicht täglich erlebt und ein Spiel ist ja dann schon etwas, das ein wenig öfter passiert. Daher ist das Gefühl schon etwas anders. Es lässt sich einfach schwer beschreiben. In jedem Fall ist es eine einmalige Erfahrung!

Du bist jetzt von Philadelphia gezogen worden. Ist das für dich ein Team, das du auch früher schon gut fandst, das für dich okay ist?

Noebels: Ich fand Philadelphia ehrlich gesagt immer schon super. Es war vielleicht nicht mein absolutes Lieblingsteam, aber ich fand die Flyers immer schon klasse und mir gefiel die Spielweise.

Ich hatte sicher ein, zwei Vereine, die mich früher mehr interessiert haben, deren Spiele ich mehr verfolgt habe, wie das halt so ist, aber die Flyers sind ein riesen Verein mit großer Geschichte — die Broad Street Bullies in den 70ern und so weiter — und es ist schon insgesamt super, dass es so gekommen ist, wie es jetzt ist.

Was wäre denn dein Favorit gewesen?

Noebels: Ach, das spielt jetzt keine Rolle mehr. Ich muss sagen, dass Philadelphia wirklich super für mich ist, weil mein Stil, wie ich spiele, und meine Größe glaube ich sehr gut ins Konzept der Flyers passen, die ja auch ein eher physisches Spiel pflegen.

Wo hast du denn den Draft verbracht?

Noebels: Ich war in der Halle, in Minnesota.

Ist es denn sehr beeindruckend, in dem Stadion zu sitzen und da unten alles was im Eishockey Rang und Namen hat, alle GMs, Scouts und so weiter auf einem Haufen zu sehen? Was ist das für ein Gefühl?

Noebels: Das ist ja was ich meine! Man erlebt nicht jeden Tag, dass sich 30 GMs auf einem Haufen treffen und man ihnen praktisch gegenüber sitzt. Ich habe unten auf dem Unterrang gesessen, relativ nah dran, und dann blickt man da drauf und sieht all die Leute.

Dann wird man gezogen, wird abgeholt und jedem vorgestellt, man gibt Jedem die Hand — den Scouts, dem GM, der Präsident und der Headcoach waren da… also das ist schon eine feine Sache und es hat sich in jedem Fall gelohnt, hingefahren zu sein. Allzu oft erlebt man das ja nicht…

Wen hast du denn aus der Organisation schon über den besagten Händedruck hinaus kennen gelernt?

Noebels: Eigentlich noch nicht so viele. Aber deshalb findet ja jetzt das Rookie-Camp statt. Ich fliege am Dienstag (5.Juli) wieder rüber und werde an diesem Camp teilnehmen und es wurde uns gesagt, dass wir dann dort alle wichtigen Leute kennen lernen und so. Auch wer für wen verantwortlich ist, wer was macht, wen ich anschreiben muss oder kann, wer sich bei mir melden wird und so weiter und so fort.

Du hast ja letzte Saison schon in Nordamerika, in den Juniors, gespielt. Wie würdest du die Saison für dich beurteilen?

Noebels: Die Saison ist für mich persönlich eigentlich wirklich super gelaufen. Ich habe viel gelernt, viel mitgenommen aus dem Jahr in Nordamerika! Ich bin weit von zu Hause weg gewesen, meine Familie, meine Freunde sind hier geblieben und ich war erst einmal völlig allein und musste mich zurecht finden. Das ist natürlich auch ein guter Teil Persönlichkeitsentwicklung.

Dann hatten wir eine super Weltmeisterschaft, was auch ein beeindruckendes Ereignis für mich war. Ich habe das vorher ja nie so erlebt. Sicher, wir hatten mit Seattle als Team nicht so eine wahnsinnig erfolgreiche Saison, aber für mich persönlich war es gut und daraus habe ich auch einiges mitgenommen!

Wie würdest du denn die Juniors mit der DEL vergleichen?

Noebels: Also ich würde schon sagen, dass die DEL noch einen Schritt schneller ist. Aber dafür ist drüben die Eisfläche kleiner, was natürlich mehr Körperkontakt bedingt. Das liegt mir von der Spielweise her sehr gut.

Und das macht das Spiel auch wieder schneller, man kann schneller umschalten, die Scheiben gehen schneller zum Tor und so weiter. Somit ist man dadurch schon wieder näher an DEL-Niveau heran. Es ist sicher nicht ganz das Niveau wie in der DEL, aber es ist auf einem guten Weg dahin!

Derzeit steht ja die Entscheidung an, was du nächstes Jahr machst. Rüdiger Noack und die Trainer hätten dich gern im Team, aber sicher wirst du in deiner Entscheidung vor allem auf die Flyers hören. Haben die sich denn schon geäußert, was sie für den richtigen Weg für dich halten?

Noebels: Nein, eben nicht. Deshalb bin ich auch froh, dass ich eben hin fliege und das auch klären kann. Ich habe ein Angebot der Pinguine auf dem Tisch liegen und würde das auch gern annehmen. Aber ich werde es mitnehmen, den Verantwortlichen der Flyers zeigen und mit ihnen besprechen.

Und was sie dann sagen, daran werde ich mich natürlich auch halten, denn ich will meine Chancen ja nicht verringern, indem ich direkt gegen das verstoße, was sie von mir wünschen. Das ist natürlich der kleine Nachteil an der ganzen Geschichte jetzt.

Aber dein eigener Wunsch wäre schon, in Krefeld zu spielen?

Noebels: Ja! Sicher, ich mag beide Mannschaften, Krefeld wie Seattle, und mir würde beides im Herzen weh tun, wenn ich eine Mannschaft verlassen bzw. nicht wieder für sie spielen könnte. Also mein Herz schlägt schon irgendwie für beide. Aber trotzdem würde ich sehr gern in der DEL spielen und weitere Profierfahrung sammeln. Und ich bin ja auch von hier und Krefeld ist und bleibt mein Heimatteam!

Jetzt, nachdem du den Draft in der Tasche hat, das Ziel NHL relativ dicht vor Augen hast, gibt das noch mehr Motivation zum Sommertraining? Gibt man noch mehr Gas, trainiert noch intensiver als vorher?

Noebels: Puh… ja und nein. Es ist ja nicht so, dass man vorher Hobbysportler war, sondern ich habe ja seit längerer Zeit wirklich intensiv darauf hingearbeitet und versucht, erst einmal diesen Punkt zu erreichen. Alles was danach kommt ist halt nur der zweite Schritt.

Es beginnt jetzt erst richtig und das motiviert natürlich. Es fällt jetzt vielleicht etwas leichter, sich zu motivieren, weil man schon einmal einen wichtigen Schritt geschafft hat. Und natürlich will ich jetzt weiter Erfolg haben, mich entwickeln, gute Leistungen bringen und dann den ganz großen Schritt machen!

Am Freitag war ja Start der „Free-Agency“ in der NHL, wo vertragslose Spieler ihren neuen Arbeitgeber unter bestimmten Umständen frei wählen können. Das ist in Nordamerika ein großes Ereignis. Hast du das dieses Jahr, wo du jetzt schon mit einem Fuß in dem Business drin steckst, anders verfolgt, als bisher?

Noebels: Vielleicht ein bisschen, ja. Es ist vielleicht etwas intensiver. Ich meine, ich habe das auch früher natürlich verfolgt und immer wieder im Internet rein geschaut. Aber jetzt habe ich es mir schon etwas intensiver durchgelesen, auch was mit Christian Ehrhoff passiert. Aber auch sonst gab es ja einige gute Free Agents.

Jaromir Jagr, der große Tschechische Star, kommt zum Beispiel jetzt nach Philadelphia. Aber besonders hat mich halt interessiert, was mit den Deutschen Jungs wie Christian oder Marco Sturm und Marcel Goc passiert. Aber wie du schon sagtest, man interessiert sich jetzt etwas intensiver dafür, weil man halt einen Schritt näher dran steht.

Verfolgt man jetzt vielleicht auch die ganzen Dinge rund um die NHL anders als früher?

Noebels: Ja, ich denke schon. Ich habe mich zum Beispiel früher nicht unbedingt um 2 Uhr nachts hingesetzt und mir die ganzen Playoffspiele angesehen. Das habe ich dieses Jahr schon gemacht und einige Nächte vor dem TV verbracht und die Spiele geschaut. Das ist schon anders, als noch vor einiger Zeit.

Du hast ja eben schon Christian Ehrhoff angesprochen, der jetzt einen riesigen Vertrag über 40 Millionen Dollar abgeschlossen hat. Du selbst bist ja eigentlich noch ein Jugendspieler und verdienst noch wenig bis gar nichts. Kann man sich denn schon vorstellen, irgendwann mal solche Verträge abzuschließen?

Noebels: Ja, ich denke schon! Mein Ziel ist, dass ich nicht erst irgendwann sondern schon relativ bald einen Vertrag zu unterschreiben. Klar denkt man dabei erst mal nicht über diese großen Summen nach, sondern versucht immer noch an die Ausbildung zu denken.

Wie du schon sagtest, ich bin halt noch eher Jugendspieler und da steht das Geld noch nicht so im Vordergrund, sondern eher, was mich am besten weiter bringt. Ich würde jetzt auch nicht für die Pinguine spielen, weil ich hier mehr Geld verdienen würde, sondern weil es mich sportlich weiter bringt, wie ich denke. Geld verdienen kann ich dann, wenn ich 21, 22, 23 Jahre alt und älter bin und als Spieler etwas kompletter bin.

…und auch von einem NHL-Minimumvertrag von 450.000 Dollar pro Jahr kann man ja leben!

[lacht] Ja, so denke ich auch!

Hast du denn die Krefelder Kaderplanung im Sommer auch intensiv verfolgt?

Noebels: Ja, ich kenne ja die meisten Jungs. Es sind ja jetzt nicht so viele Neue dazu gekommen. Aber ich hab schon ein bisschen geschaut, wer wo spielen könnte, wer welche Rolle einnehmen könnte und so weiter. Aber so riesige Gedanken habe ich mir nicht gemacht.

Letztlich soll der Bessere spielen und der will ich sein! Ich denke eigentlich, wenn ich an die kommende Saison denke und über die Pinguine nachdenke, nicht mehr an die vierte Reihe, sondern es ist schon mein Ziel, in Reihe 2 oder 3 zum Einsatz zu kommen und mir diese Rollen zu verdienen! Das wird mein Ziel sein. Der Konkurrenzkampf ist sicher groß, aber den will ich annehmen. Schließlich ist das überall so und muss es auch sein — sonst wäre es kein Leistungssport!

Du hast gesagt, du fliegst in dieser Woche wieder rüber. Wie sieht dann deine Planung für den Rest des Sommers aus?

Noebels: Wie gesagt, Dienstag geht’s erst einmal wieder nach Philadelphia für 8 Tage. Dann bin ich hier in Deutschland, da wird auch die Entscheidung feststehen, wo ich nächstes Jahr spiele, so hoffe ich. Dann bin ich eine Woche später wieder mit der Nationalmannschaft unterwegs in Füssen und in Arosa in der Schweiz.

Nationalmannschaft bedeutet hier natürlich noch das U-20-Team, wobei ich auch versuchen will, mir vielleicht dieses Jahr schon eine Chance in der A-Nationalmannschaft zu verdienen! Nach dem Lehrgang haben wir dann eine Woche Pause, dann geht es aber gleich wieder weiter, wieder mit der Nationalmannschaft. Diesmal nach Tschechien.

Das sind dann sechs oder sieben Tage. Dann ist der 9. oder 10. August und dann geht es hier in Krefeld ja auch wieder aufs Eis. Tja und dann hängt es eben von der Entscheidung über die nächste Saison ab. Entweder geht es dann in die DEL-Saison, oder ich fliege Ende August wieder rüber. Das wird man sehen.