WM-Vorfreude bei deutschem Eishockey-Team

St. Petersburg (dpa) - Inmitten der Diskussion um gedopte russische Spitzensportler richtet das riesige Land das nächste Sport-Großereignis aus. In Moskau und St. Petersburg beginnt die 80. Eishockey-WM.

Foto: dpa

Deutschland startet unter dem neuen Bundestrainer Marco Sturm mit großen Hoffnungen.

WER SIND DIE FAVORITEN?

Vor eigenem Publikum ist Rekord-Weltmeister Russland besonders motiviert und dürfte Top-Favorit sein. Zumal die Schmach des bitteren 1:6 im WM-Endspiel 2015 gegen den Erzrivalen Kanada noch nicht vergessen ist. Deutschlands Vorrunden-Gegner Kanada gehört auch wieder zum Favoritenkreis, ist aber nicht mehr so stark besetzt wie noch im vergangenen Jahr in Tschechien. Bundestrainer Marco Sturm nennt zudem eine andere Nation: „Finnland. Sie haben ein absolutes Traumjahr.“ Der zweimalige Champion ist am Sonntag deutscher Gegner.

WIE STEHEN DIE CHANCEN FÜR DEUTSCHLAND?

Die erste Viertelfinal-Teilnahme seit 2011 scheint möglich. Bei seiner WM-Premiere als Bundestrainer hat Sturm den besten Kader seit Jahren zusammen. Gleich vier Spieler aus der NHL sind diesmal dabei, das gab es zuletzt 2008. Vor allem die Paradereihe im Sturm mit den NHL-Stars Leon Draisaitl (Edmonton) und Tobias Rieder (Arizona) sowie Deutschlands Eishockey-Spieler des Jahres, Patrick Reimer (Nürnberg), ist auf WM-Niveau konkurrenzfähig.

IST SOGAR EINE HALBFINAL-TEILNAHME WIE 2010 DRIN?

Schwierig. Trotz des starken Kaders und der ungewohnt gut besetzten Offensive hat die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes auch Probleme. Die etatmäßige Nummer eins, Dennis Endras aus Mannheim, fehlt verletzungsbedingt. Da der in der NHL überragende Thomas Greiss mit den New York Islanders noch in den Playoffs gebunden ist, fehlt ein echter Stammtorwart. Timo Pielmeier (Ingolstadt), Matthias Niederberger (Düsseldorf) und Felix Brückmann (Wolfsburg) spielen auf ähnlichem - hohen - Niveau, haben international aber kaum Erfahrung.

In der Vorbereitung gab es Schwächen in der Defensive. Diese sollen die NHL-Profis Christian Ehrhoff (Chicago) und Korbinian Holzer (Anaheim) wettmachen. Beide hatten aber eine schwierige Saison mit wenig Einsatzzeiten. Zudem stießen beide erst spät zum Kader.

KANN DEUTSCHLAND AM ENDE SOGAR ABSTEIGEN?

Dies ist wegen der Ausrichtung der nächsten WM 2017 nicht möglich. Ohnehin sollte trotz der Probleme der letzte Platz in der Gruppe B vermieden werden. Die Stärken und die Euphorie überwiegen deutlich.

WORAUF KOMMT ES DANN AN?

Abgesehen von der Chance, wieder einmal die K.o.-Runde zu erreichen, geht es um wichtige Punkte für die Weltrangliste. Dort ist Deutschland zur Zeit nur 13. und will sich verbessern. Zum einen würde dies den Spielplan der kommenden WM-Turniere positiv beeinflussen und hätte zum anderen Einfluss auf die Qualifikation für die nächsten olympischen Turniere.

Außerdem ist das Turnier vor allem für Sturm wichtig. Der erst 37 Jahre alte deutsche NHL-Rekordspieler wurde im vergangenen Sommer überraschend Nachfolger von Pat Cortina. Dies führte angesichts von Sturms Unerfahrenheit als Trainer auch zu Kritik. Geht sein WM-Debüt schief, würde dies die Aufbruchstimmung im deutschen Eishockey bremsen, und der Bundestrainer stünde bei der Olympia-Qualifikation Anfang September und bei der Heim-WM 2017 noch mehr unter Druck.

WELCHE STARS SIND DABEI?

Es könnte die WM der Top-Talente und künftigen Stars werden. Deutschlands Gruppengegner USA hat in Auston Matthews ein Riesentalent dabei, dem 18-Jährigen wird eine glänzende NHL-Karriere vorausgesagt. Bei Kanada ist Draisaitls Team-Kollege Connor McDavid - in der laufenden Saison zum größten NHL-Talent gewählt - im Kader. Starke junge Spieler haben auch die Finnen. Zudem haben Draisaitl und sein Sturmpartner Rieder das Potenzial, für Furore zu sorgen.