Becker, Witt, Neuner Ex-Sportstars und das Leben nach der Karriere
Berlin (dpa) - Der Absturz des einstigen Tour-de-France-Siegers Jan Ullrich hat viele schockiert. Andere Sportstars haben ihr Karriereende besser verkraftet. Einige leben zurückgezogen, andere suchen weiter das Rampenlicht.
Ullrich hat mit seinen privaten Problemen und einer vorübergehenden Festnahme auf Mallorca für Aufsehen gesorgt. Der Tour-de-France-Sieger von 1997 begibt sich nun in Therapie. Sportstars verhalten sich nach ihrem Karriereende ganz unterschiedlich. Von Boris Becker über Rosi Mittermaier bis zu Franziska van Almsick - die Deutsche Presse-Agentur wirft einen Blick auf große Namen vergangener Tage.
BORIS BECKER: Der dreimalige Wimbledonsieger und seine Frau Lilly gaben jüngst ihre Trennung bekannt, und wieder einmal war die Aufmerksamkeit in Deutschland äußerst groß. „Seit über 30 Jahren lebe ich öffentlich. Dafür zahlt man einen Preis“, sagte der 50 Jahre alte Becker jüngst in einer ARD-Dokumentation. Schlagzeilen zu Beckers Beziehungen oder seinen finanziellen Verhältnissen ziehen immer. In der Tennis-Szene ist Becker indes äußerst respektiert, als Trainer führte er den Serben Novak Djokovic zu großen Erfolgen, als Co-Kommentator für den TV-Sender Eurosport wurde er ausgezeichnet.
KATARINA WITT: Doppel-Olympiasiegerin Katarina Witt ist auch nach Ende der aktiven Laufbahn nach den Winterspielen 1994 ein Star geblieben, der sich gut vermarktet. Nach der Eiskunstlauf-Karriere trat sie noch zehn Jahre bei Eisshows auf und gründete eine Sport- und Entertainment-Firma, um ihre Ideen selbst umzusetzen. Sie schrieb Bücher wie die Autobiografie „Mein Leben zwischen Pflicht und Kür“, war als Schauspielerin in Kinofilmen („Ronin“) und TV-Serien zu sehen und fördert mit ihrer Stiftung die Mobilität behinderter Kinder. Zudem ist sie Co-Kommentatorin bei der ARD.
STEFFI GRAF: 1999 in Paris holte Tennis-Idol Graf den letzten ihrer 22 Grand-Slam-Titel, 2001 heiratete sie US-Star Andre Agassi. Das Paar hat zwei Kinder im Teenager-Alter und lebt in Las Vegas, abseits von Auftritten für ihre Stiftung „Children for Tomorrow“ und Werbepartner oder dem einen oder anderen Interview schirmt die 49-Jährige sich und ihre Familie sorgsam vor der Öffentlichkeit ab. Von ihrem Privatleben fernab in den USA ist wenig bekannt, Graf und Agassi treten stets als harmonisches Paar auf.
MAGDALENA NEUNER: Die Biathlon-Rekordweltmeisterin trat 2012 mit nur 25 Jahren zurück und hat mittlerweile zwei Kinder. Die Wallgauerin, die nach ihrer Hochzeit nun eigentlich Magdalena Holzer heißt und Neuner nur noch als Künstlernamen trägt, ist ein gefragtes Werbegesicht und auch im Winter im Einsatz. Der ARD steht Gold-Lena als TV-Expertin zur Verfügung. Ganz ohne Biathlon kann die 31-Jährige offenbar noch immer nicht - ein Rücktritt vom Rücktritt kam für die Doppel-Olympiasiegerin von Vancouver aber nie in Frage.
FABIAN HAMBÜCHEN: Der Hesse beendete nach seinem Olympiasieg am Reck seine internationale Karriere. Doch er blieb dem Sport weiter verbunden, turnte noch ein Jahr auf nationaler Ebene in der Bundesliga. Bei den Winterspielen in Pyeongchang war er als Interviewer für den TV-Sender Eurosport im Deutschen Haus tätig. Hambüchen baut derzeit ein Haus in seinem Heimatort Wetzlar und beteiligt sich an mehreren Charity-Projekten zur Förderung des deutschen Sport-Nachwuchses.
GEORG HACKL: Auch wenn er nur noch Gaudi-Rennen oder per Wok-Schüssel den Eiskanal herunterrutscht - der 51 Jahre alte Hackl Schorsch ist immer noch das bekannteste Gesicht im Rodeln. Der dreimalige Olympiasieger aus Berchtesgaden ist im deutschen Team als Techniktrainer immer noch der Tüftler schlechthin. Er hatte mit seinen Analysen und Fertigkeiten beim Bau der Schlitten erheblichen Anteil am vierten Olympiasieg von Natalie Geisenberger und den Doppelsitzern Tobias Wendl/Tobias Arlt.
MICHAEL GROß: Der Albatros beendete nach der WM 1991 in Perth mit 26 Jahren seine Karriere. Langeweile hatte er in der Zeit nach seinem Rücktritt nie. „Ich hatte Abwechslung, Distanz, das war wichtig für mich“, sagte der dreimalige Olympiasieger einmal in einem Interview. Groß ist seit über 20 Jahren als Redner und Trainer für Unternehmen, Verbände oder Fortbildungsinstitute tätig. Nur wenige Male im Jahr geht er Bahnen schwimmen. Eher steht der 54-Jährige im Winter auf dem Snowboard, fährt im Sommer auf dem Wakeboard über den See oder mit dem Mountainbike durch die Wälder im Taunus, wo er wohnt.
FRANZISKA VAN ALMSICK: Bei Olympia 1992 steigt die erst 14-Jährige zu einem der ersten weiblichen Sportidole der Zeit der Wiedervereinigung auf. Olympisches Gold gewinnt sie nie. Nach Olympia in Athen beendet sie mit 26 Jahren die Karriere. Sie bereue ihren Rücktritt vom Leistungssport „nicht einen Tag“, verriet sie zwei Jahre später. Die 40-jährige van Almsick ist stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Sporthilfe. Die Van-Almsick-Stiftung setzt sich dafür ein, dass jedes Kind in Deutschland schwimmen lernen kann.
ROSI MITTERMAIER: Wenige Monate nach ihrem olympischen Doppel-Triumph 1976 tritt „Gold-Rosi“ im Alter von 26 Jahren zurück. 1980 heiratet sie Christian Neureuther und bekommt zwei Kinder, darunter Felix Neureuther, mittlerweile der erfolgreichste deutsche Weltcup-Fahrer. Neben der Familie konzentriert sich Mittermaier auf karitative Projekte vor allem für Kinder. Sie lebt - inzwischen als Großmutter - in Garmisch-Partenkirchen und ist zusammen mit ihrem Ehemann weiterhin regelmäßig als Gast bei Sportevents oder in Fernsehshows zu sehen.
SVEN HANNAWALD: Vier Wettbewerbe für die Historie, acht Flüge zum Legendenstatus. Sven Hannawald gewinnt 2001/2002 als erster Skispringer alle vier Springen bei der Vierschanzentournee. Später wird der Druck zu groß. Hannawald hört früh auf, zerbrach am Leistungsdruck und psychischen Problemen. In „Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben“ beschreibt der gebürtige Sachse 2013 seine turbulente Karriere. Inzwischen ist Hannawald in der Unternehmensberatung tätig, kommentiert zudem beim Skispringen auf Eurosport. Und auch privat läuft es rund: Hannawald heiratete Freundin Melissa in diesem Sommer auch kirchlich.
HENRY MASKE: Als sich der Olympiasieger 1996 nach der einzigen Niederlage als entthronter Profi-Weltmeister im Halbschwergewicht zurückzog, war er 32 Jahre und im besten Boxeralter. Maske hatte es als einer der populärsten Sportler Deutschlands nicht schwer, beruflich jenseits des Sports Fuß zu fassen. Der „Gentleman“, wie er genannt wurde, ist als Franchisenehmer Chef von mehreren McDonalds-Filialen in Nordrhein-Westfalen. Zudem ist er als Motivations-Experte tätig und kümmert sich um seine Stiftung „A Place for Kids“ für sozial benachteiligte Kinder.