Schwimm-WM Flüchtling Mardini „hatte Angst“ vor Rückkehr nach Budapest

Budapest (dpa) - Die Rückkehr nach Budapest hat Yusra Mardini große Überwindung gekostet. „Als ich gehört habe, dass die WM in Ungarn ist, war das ein Schock. Ich hatte große Angst“, erzählt die 19 Jahre alte Schwimmerin.

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Schlimme Erinnerungen wurden wach an ihre Flucht 2015 aus Syrien über die Balkanroute nach Berlin, wo sie heute lebt. „Es war eine harte, schreckliche Zeit. Ich habe in einem Bahnhof und in einer U-Bahn-Station geschlafen, es gab Probleme mit der Polizei“, berichtet sie. „Aber ich habe mir geschworen: Irgendwann komme ich zurück. Und dann zeige ich, dass ich nicht nur Flüchtling bin, sondern ein normaler Mensch.“

Dies ist ihr gelungen, und auch umgekehrt ergab sich eine neue Perspektive. „Damals hatte ich ein schlechtes Bild von den Menschen hier“, gestand sie. „Jetzt sehe ich: Die Menschen sind sehr nett und hilfsbereit. Ich habe meine Meinung geändert.“ Nur eines war ihr unmöglich: „Zu dieser U-Bahn-Station bin ich nicht zurück. Das wäre eine zu schlimme Erinnerung gewesen. Das einzig Gute dort war: Wir haben jeden Tag nebenan bei McDonalds gegessen. Das darf ich heute als Sportlerin nicht mehr.“

Doch Mardini, die bei der WM unter der Flagge des Weltverbands FINA schwimmt und für die Zukunft sich durchaus einen Start als Deutsche vorstellen könnte, hat sich durchgekämpft. Und ihr Leben hat eine unglaubliche Wende genommen. „Ich habe an Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften teilgenommen. Ich habe den Präsidenten der USA und den Papst getroffen. Ich habe einen Manager. Und bald gibt es ein Buch und einen Film über mein Leben“, zählt sie auf: „Das ist alles unglaublich. Ich hätte nicht einmal davon geträumt, dass nur eines davon passiert.“

Die Bilder der Vergangenheit sind aber nicht zu löschen. „Manchmal gehe ich in mein Zimmer, schließe ich mich ein und weine wie ein Baby“, erzählt Mardini: „Dann öffne ich die sozialen Netzwerke. Und wenn ich all die positiven Nachrichten aus aller Welt lese, lächele ich wieder.“

Mardini ist zum Gesicht der Flüchtlinge geworden. „Ich habe mir das nicht ausgesucht“, sagt sie. Aber sie schlüpft perfekt in die Rolle der Botschafterin, erzählt leidenschaftlich, charmant, eloquent und bewegend: „Viele schauen auf mich als ein Beispiel“, sagt sie. Und nutzt dies: „Meine Stimme wird nicht reichen, um die Grenzen zu öffnen. Aber dennoch werde ich sie immer erheben.“

Wenn sie irgendwann den Film über ihr Leben auf der Leinwand sieht, werden auch die tief vergrabenen Erinnerungen wieder hochkommen. „Dann werde ich sicher sehr viel weinen“, sagt sie. „Deshalb werde ich auf jeden Fall versuchen, den Film alleine zu sehen, bevor es alle anderen tun können.“

An das Filmstudio hat sie aber einen großen Wunsch: „Ich hätte gerne, dass Angelina Jolie oder Emma Watson meine Rolle spielen.“