DFB-Bundesgericht muss über Skandalspiel urteilen
Frankfurt/Main (dpa) - Nächste Nachspielzeit am Grünen Tisch: Fast drei Wochen nach dem letzten Spieltag in der Bundesliga soll das DFB-Bundesgericht am Freitag um 12.30 Uhr über die skandalöse Relegationsbegegnung von Düsseldorf entscheiden.
Das Kaugummi-Verfahren könnte sich noch Wochen in die Länge ziehen, falls der Einspruch von Hertha BSC erneut zurückgewiesen wird und die Berliner das Ständige Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen anrufen. Ein Horrorszenario nicht nur für die Spielplangestalter bei der Deutschen Fußball Liga.
Ein Wiederholungsspiel wäre dann praktisch nicht mehr durchführbar: Die Profis beider Teams längst im Urlaub oder mit ihren Nationalteams unterwegs, die Mannschaften in der Transferhochphase im Umbruch. Am 30. Juni laufen ohnehin Verträge von Spielern aus. Falls die Causa wirklich bis vors Schiedsgericht ginge, würde vorher eine andere Diskussion in Gang kommen: Ob man nicht beide Clubs ins Oberhaus lassen und die 1. Liga nicht auf 19 Clubs aufstocken würde.
Noch sind sich die Berliner nicht einig, ob sie bei einer erneuten Niederlage vor Gericht alle Rechtsmittel ausschöpfen würden. „Wir haben uns mit Hertha darauf geeinigt, die Entscheidung des DFB-Bundesgerichts zu akzeptieren. Sollte nichts Außergewöhnliches passieren, werden wir nicht vors Schiedsgericht ziehen“, sagte Berlins Anwalt Christoph Schickhardt der „Bild“-Zeitung. „Es besteht durchaus die Überlegung, bei der Frage, ob wir das Schiedsgericht anrufen oder nicht, die Mitgliederversammlung dazu zu nutzen, ein Votum von den Mitgliedern zu bekommen“, sagte hingegen Präsident Werner Gegenbauer. Der Verein wolle auf jeden Fall die Urteilsbegründung abwarten.
Hertha hofft nun in der Berufungsverhandlung, die Goetz Eilers als Vorsitzender Richter des Bundesgerichts in der DFB-Zentrale in Frankfurt/Main leiten wird, dass man Verfahrensfehler nachweisen kann. Im Sportgerichtsverfahren hatte Richter Hans E. Lorenz keine TV-Bilder zugelassen. „Es gibt Videobeweise, die zeigen, dass die Umstände ganz klar zu einer Schwächung geführt haben“, sagte Schickhardt. Schiedsrichter Wolfgang Stark hatte im Relegationsrückspiel am 15. Mai in Düsseldorf (2:2) die Nachspielzeit für 21 Minuten unterbrechen müssen, weil Tausende von Fortuna-Fans den Platz gestürmt hatten.
Hertha beruft sich auf Paragraph 17 der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB. Demnach können Einsprüche gegen die Spielwertung unter anderem mit folgender Begründung erhoben werden: „Schwächung der eigenen Mannschaft durch einen während des Spiels eingetretenen Umstand, der unabwendbar war und nicht mit dem Spiel und einer dabei erlittenen Verletzung im Zusammenhang steht.“
Vergeblich hatten Schickhardt, Hertha-Profis wie Torhüter Thomas Kraft und Co-Trainer Ante Covic als Zeugen in der ersten Verhandlung versucht, Richter Lorenz davon zu überzeugen, dass die Gästemannschaft in den 1:33 Minuten Nachspielzeit vor lauter Angst nicht mehr richtig spielen konnte. Zumal Referee Stark von einer „Hetzjagd“ der Berliner Profis auf ihn nach dem Schlusspfiff sprach, die ebenfalls ein juristisches Nachspiel haben wird.
Beim DFB geht man davon aus, dass das erstinstanzliche Urteil nicht kassiert wird. „Sonst könnte ja in Zukunft nach jeder Spielunterbrechung ein Einspruch gegen die Spielwertung erhoben werden“, sagte ein Funktionär der Nachrichtenagentur dpa. Die Düsseldorfer gehen trotz des Erstrundensieges mit einem mulmigen Gefühl in die nächste Verhandlung. „Eine Berufung ist kein Scheingefecht“, sagte Finanzvorstand Paul Jäger. Zumal Sportrechtler wie der Hamburger Jan Räker dem Sportgericht „klare Verfahrensfehler“ ankreiden, weil Lorenz keine Videos und Fotos zugelassen habe. Schickhardt, so erklärte er zum Einspruch nach dem Urteil des Sportgerichts, will „einfach ein gerechtes Spiel haben“.