Harte Gangart: Schulterschluss gegen Krawalle
Berlin (dpa) - Fußballverbände und Politik suchen im Kampf gegen die neue Eskalation der Fan-Gewalt den Schulterschluss und wollen mit scharfen Maßnahmen den Krawallen ein Ende machen.
„Ab sofort legt die Polizei eine härtere Gangart gegen gewaltbereite Problemfans ein“, kündigte Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU) an. Liga-Präsident Reinhard Rauball sagte, es dürfe „keine Denkverbote geben“ und schlug als mögliche Strafe einen kompletten Ausschluss der Gästefans von Problemclubs vor. Ein Lösungspaket könnte ein Runder Tisch der Verbände mit dem Bundesinnenministerium, den Landesinnenministern und der Polizei am 14. November bringen.
Auslöser der Debatte waren die jüngsten Vorfälle im DFB-Pokal. In Dortmund hatten randalierende Anhänger von Dynamo Dresden fast für einen Spielabbruch gesorgt und einen hohen Sachschaden angerichtet. Bei der Partie zwischen Eintracht Frankfurt und dem 1. FC Kaiserslautern waren acht Polizisten von Rowdys verletzt worden, neun Krawallmacher wurden festgenommen. „Die Gewalt der sogenannten Fußballfans hat jetzt eine Qualität erreicht, der wir entschieden entgegenwirken werden“, befand Hessens Innenminister Rhein.
Rauball forderte in der „Süddeutschen Zeitung“ auch eine härtere Hand der Justiz. Gemeinsam mit DFB-Chef Theo Zwanziger werde er das Gespräch mit Staatsanwälten und dem neuen General-Bundesanwalt suchen. Zudem sei zu prüfen, inwiefern eine „Reduzierung der Auswärtskontingente bei manchen Clubs denkbar“ sei. Die Vereine mit Problemfans müssten in diesem Fall die jeweiligen Gastgeber der Partien finanziell für den Einnahme-Ausfall bei den Eintrittskarten entschädigen, erklärte Rauball.
Allerdings bekannte der Liga-Chef auch: „Ein Verein wie Dynamo Dresden ist an den Straftaten der Fanszene unschuldig, muss aber womöglich die Zeche zahlen. Das ist problematisch.“
Eintracht Frankfurts Vorstandschef Heribert Bruchhagen hatte zuvor eine Beschränkung der Kartenkontingente allein für die sogenannten Ultras vorgeschlagen. „Es muss einen Dialog geben, um diese gewaltbereiten Fans auszugrenzen. Das Thema wird uns noch lange Zeit beschäftigen. Es ist ermüdend, aber wir geben nicht auf“, hatte Bruchhagen gesagt.
Dynamo Dresden muss wegen der Krawallszenen von Dortmund sogar um seinen Hauptsponsor fürchten. Der Umweltdienstleister „Veolia“ erwägt einen Ausstieg. Dynamo-Präsident Andreas Ritter kündigte an, dass der Verein am 31. Oktober die Konsequenzen aus den Vorfällen bekanntgeben wird. Mit einem Maßnahmenkatalog wollen die Sachsen den Geldgeber zum Bleiben bewegen.
Kaiserslauterns Vorstandschef Stefan Kuntz warnte vor Schnellschüssen. „Wir werden zunächst das intensive Gespräch mit der Fan-Szene suchen und den verschiedenen Gruppen klarmachen, dass sie sich letztlich selber schaden“, sagte Kuntz und hofft auf die Unterstützung der Politik. „Was sich da rund um die Stadien abspielt, ist auch eindeutig ein gesellschaftliches Problem“, meinte Kuntz.
Der Sicherheitsbeauftragte des Deutschen Fußball-Bunds (DFB), Hendrik Große Lefert, appellierte indes: „Wir brauchen die Hilfe der friedlichen und am Sport interessierten Zuschauer. Die müssen deutlich machen, dass sie gegen jegliche Randale beim Fußball sind.“ Der Fußball werde „von kleinen Gruppen als Plattform für Randale missbraucht“, sagte Große Lefert der „Bild“-Zeitung.
Teil der Diskussion ist auch der Streit um die Pyrotechnik in Stadien. Die Ultra-Szene verlangt von DFB und Deutscher Fußball Liga die Legalisierung Bengalischer Feuer für ihre Choreographien. Rauball bezeichnete dies als „Geisterdebatte“. Die Gesetzeslage verhindere eine Erlaubnis von Pyrotechnik in den Arenen. Das DFB-Sportgericht verurteilte die Bundesligisten Hannover 96 und FSV Mainz 05 sowie den Zweitligisten Karlsruher SC zu Geldstrafen, weil Fans Feuerwerkskörper und Rauchbomben bei Spielen gezündet hatten.