Innenminister Friedrich rückt von Stehplatzverbot ab

Berlin (dpa) - Das unpopuläre Verbot von Stehplätzen in deutschen Stadien ist vorerst vom Tisch. Die Ankündigung von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, diese beim Sicherheitsgipfel in Berlin zunächst nicht infrage zu stellen, sorgt beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) für Erleichterung.

Fanvertreter wittern eine „Erpressung“ des CSU-Politikers und warnen vor populistischen Beschlüssen bei der Konferenz. „Die Stehplätze sind Bestandteil der Fankultur und stehen derzeit nicht zur Disposition“, hatte Friedrich der Nachrichtenagentur dpa gesagt, - „dass dies so bleibt, haben die Fans selbst in der Hand.“ Erst Anfang Juli hatte er mit einer Abschaffung dieser beliebten Fanränge in den Arenen nach englischem Vorbild gedroht. „Wir haben immer gesagt, wir stehen zu den Stehplätzen. Das ist unser unveränderter Standpunkt“, meinte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach zur neuen Position Friedrichs.

Beim Berliner Gipfel erwarten beide einen Schulterschluss von Spitzenfußball und Politik. Dafür forderte Friedrich ein konkretes und verbindliches Konzept von Vereinen, DFB und Deutscher Fußball Liga zur Eindämmung von Gewalt und Ausschreitungen. Die Clubs müssten noch stärker das Gespräch mit den wirklichen Fans suchen, „denn sie sind der Schlüssel zum Erfolg. Hinsichtlich der Gewalttäter müssen Sanktionen klar definiert und in der Zukunft von allen Vereinen konsequent umgesetzt werden“, verlangte der für den Sport zuständige Bundesinnenminister. „Wir alle können unsere Augen nicht vor der zunehmenden Gewalt in und um die Stadien herum verschließen.“

Die Situation sei ernst, bekräftigte auch Niersbach: „Ich setze darauf, dass wir das gemeinsam in den Griff bekommen. Es müssen klare Bestimmungen herauskommen.“ Bei dem Treffen wollen die 54 Profi-Clubs, DFB sowie DFL mit Friedrich und Lorenz Caffier, CDU-Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern und Vorsitzender der Innenministerkonferenz, mögliche Maßnahmen gegen Ausschreitungen und Gewalt in deutschen Stadien beschließen. Handlungsempfehlungen dafür hat die im November durch den DFB berufene Task Force Sicherheit erarbeitet.

Dass ein mögliches Stehplatzverbot, das auch Caffier nicht als Tabu bezeichnet hatte, nun erstmal keine Rolle mehr spielt, beruhigt die Anhänger allerdings nicht. „Ich kann damit nichts anfangen, ich sehe das als Drohkulisse und Erpressung“, betonte René Lau von der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte, „das haben die Fans eben nicht selber in der Hand.“ Friedrich wolle „die einen gegen die anderen ausspielen. Was ist, wenn eine Fackel gezündet wird...“

Auch Robert Pohl, Vertreter der Fanorganisation „Unsere Kurve“ wertete die Aussagen Friedrichs als problematisch. Vor der Konferenz äußerte der Dresdner „die Befürchtung, dass populistische Aussagen gemacht werden: Die Fans müssen sich benehmen, sonst schaffen wir die Stehplätze ab.“

Wie die beiden Organisationen mahnten auch „ProFans“ und die Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte in einer gemeinsamen Mitteilung eine Versachlichung der Diskussion an. Häufig würden in der Öffentlichkeit „Pyrotechnik und Platzstürmungen mit Gewalttaten“ gleichgesetzt.

Eine Legalisierung von Bengalos und anderem Feuerwerk in Stadion schlossen sowohl Niersbach wie auch Friedrich aus. „Das sind Dinge, über die auch nicht diskutiert werden kann. Das hat mit Ordnung im öffentlichen Raum zu tun. Daran müssen sich alle halten“, sagte Niersbach. „Wir müssen gemeinsam der Gefahr für die Gesundheit der Fans entgegen treten“, begründete Minister Friedrich die ablehnende Haltung.