Stanislawski gewinnt mit Köln und leidet mit St. Pauli
Hamburg (dpa) - Holger Stanislawski riss den Siegtorschützen Christian Clemens fest an sich und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter, dann spendete der Ur-St.-Paulianer seinem Stammclub Trost.
„Es tut mir natürlich auch weh, wenn St. Pauli da unten steht. Aber ich habe einen Job, denn das ist hier ja kein 'Wünsch dir was'. Und ich bin mir sicher, dass Pauli da unten rauskommt“, betonte „Stani“ nach dem 1:0-Erfolg seines 1. FC Köln in Hamburg. Während die Rheinländer zum zehnten Mal in Serie unbesiegt blieben und als Fünfte dem Relegationsplatz immer näher kommen, stehen die wankenden Hanseaten nur noch drei Punkte vor der Abstiegszone.
Volles Haus, Flutlicht-Atmosphäre, aber keine Pfiffe: Zu Klängen vom „Herz von St. Pauli“ begrüßten die braun-weißen Fans ihren überaus beliebten Ex-Coach erstmals in einem Punktspiel als Gegner. Nach 90 brisanten Minuten mit sechs Gelben und zwei Gelb-Roten Karten hatten Stanislawski & Co. dank Clemens' Freistoßtor in der 3. Minute den Nordlichtern einen Stich ins Herz verpasst. „Es war ein richtig geiler Fußballabend mit dem besseren Ende für uns. Und endlich hat sich Christian Clemens vor dem Freistoß den Ball mal nicht wegnehmen lassen und selbst belohnt“, meinte Stanislawski grinsend.
Der gelobte Siegtorschütze strahlte über seinen Kunstschuss, über den Stanislawski und dessen mit ins Rheinland gewechselte Co-Trainer André Trulsen und Klaus-Peter Nemet aber nur verhalten jubelten. „Da saßen zusammen circa 60 Jahre St. Pauli auf der Bank. Schön, dass ich den Dreien mit meinem Tor einen schönen Abend beschert habe“, stellte Clemens fest. Allein der Killerinstinkt habe gefehlt. Ex-FC-Star Lukas Podolski gratulierte aus London und twitterte fröhlich: „Well done @fckoeln. Congratulation for 3 points!“
Stanislawski sprach leicht übertrieben gar von „liegen gelassenen Chancen im zweistelligen Bereich“, ehe er in den Stadionkatakomben die geliebte Sieger-Zigarette genießen konnte. Der 43-Jährige, der insgesamt 18 Jahre als Spieler, Manager, Vizepräsident und Coach für den FC St. Pauli tätig war und an der Elbe längst Kult-Status erreicht hat, hätte sich „aber auch über ein 1:1 nicht beschwert“, wie er später zugab. „Was St. Pauli in Unterzahl abgerufen hat, war beeindruckend. Die Mannschaft hat immer an sich geglaubt. Deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass sie den Step da unten rausmacht.“
Allerdings muss sein Nach-Nachfolger Michael Frontzeck bis zum eminent wichtigen Heimspiel am Freitag gegen den FSV Frankfurt nicht nur rasche Aufbauarbeit verrichten. Durch Ampelkarten gegen Markus Thorandt und Florian Mohr fehlt die Stamm-Innenverteidigung. Zudem fällt auch Mittelfeldmann Fin Bartels mit einem Muskelfaserriss im rechten Oberschenkel aus. Der Kiez-Club stemmte sich am Ende zu neunt gegen die Niederlage - vergeblich, weil für die mit 19 Toren ungefährlichste Elf der Liga erneut die Null stand.
Kapitän Fabian Boll & Co. wollen aus dem Rückschlag positive Aspekte ziehen. „In dem heutigen Auftritt liegt der Schlüssel für den Klassenverbleib. Ich bin sicher, dass harte Arbeit am Ende belohnt wird“, verkündete Boll - und fiel als Gratulant „Stani“ um den Hals.