Aufstieg und Absturz des Mohamed bin Hammam
Zürich (dpa) - Als Mohamed bin Hammam seine Kandidatur für das FIFA-Präsidentenamt ankündigte, sagte er: „Die Zeit ist reif für neue Gesichter.“ Der 62-Jährige wollte als erster Asiate auf den FIFA-Thron.
Nun ist der frühere Freund und Wahlhelfer Joseph Blatters bitter abgestürzt.
Zum Abschied konnte er sich einen kleinen Seitenhieb gegen FIFA-Boss Joseph Blatter nicht verkneifen. „Die jüngsten Ereignisse haben mich verletzt und enttäuscht zurückgelassen - auf professioneller und persönlicher Ebene“, schrieb Mohamed bin Hammam in seinem Blog, nachdem er seine Kandidatur als FIFA-Präsident zurückgezogen hatte. Die Königsfamilie in Katar, die die WM 2022 im eigenen Land nicht gefährdet sehen will, soll ihn zu diesem überraschenden Schritt gedrängt haben.
Der mächtige und vor allem reiche Chef der Asiatischen Konföderation AFC war viele Jahre Weggefährte von Blatter und Stimmenbeschaffer in zwei Wahlkämpfen. Nach seiner Aufnahme in die FIFA-Exekutive 1996 wurde der Katarer schnell zum engsten Helfer des damaligen Generalsekretärs Blatter. Bis zum Sonntag galt der Vertraute des katarischen Emirs Hamad Bin Kalifa Al Thani als einer der einflussreichsten Fußballfunktionäre weltweit - jetzt wurde er von Blatter „zerstört“ (The Independent).
Auch wenn für ihn trotz der vorläufigen Suspendierung durch die FIFA-Ethikkommission wegen Bestechungsvorwürfen weiter die Unschuldsvermutung gelten muss, dürfte bin Hammams ambitionierte Karriere als mächtiger Mann des internationalen Fußballs ihrem Ende entgegengehen. Gestolpert über ein angeblich von ihm selbst bezahltes Treffen mit den Mitgliedern der Karibischen Fußball-Union (CFU). Dabei sollen 25 CFU-Funktionären, die bei der Präsidentenwahl am Mittwoch in Zürich stimmberechtigt sind, je 40 000 Dollar angeboten worden sein. Bin Hammam hat alle Vorwürfe bestritten.
Längst wird auch gemunkelt, dass Katar nicht nur wegen der guten Kontakte des Geschäftsmannes aus Doha den Zuschlag für die WM 2022 in Katar erhalten hat, sondern auch wegen dessen Millionen. Seit bin Hammam am 18. März dieses Jahres seine Ambitionen mit starken Worten („Ich muss die Leute überzeugen. Ich möchte innerhalb der FIFA für eine absolut ethische, demokratische und transparente Umgebung sorgen.“) verkündet hatte, düste er als Wahlkämpfer durch die Welt, leistete sich eine Internetseite mit fast täglichen neuen Blog-Einträgen und futuristisch anmutendem Design.
Dort verfasste er in blumigen Worten seine Communiqués - wie auch am Tag seiner vorläufigen Suspendierung die Erklärung zu seinem Rückzug. „Ich kann nicht zulassen, dass der Name, den ich geliebt habe, mehr und mehr in den Schmutz gezogen wird wegen des Wettbewerbs zwischen zwei Einzelpersonen“, schrieb er am Sonntag.
Wie ehrgeizig der Businessmann bislang immer war, verrät eine Aussage aus dem Jahr 2009. Als es nach einer Revolte in Asien um seinen Sitz in der FIFA-Exekutive ging, sorgte bin Hammam mit einem Satz für Aufsehen: „Wer sich mir in den Weg stellt, dem schlage ich Kopf und Hände ab.“
Nun hatte er selber versucht, den Weg Blatters zu stoppen und als erster Asiate den FIFA-Thron zu besteigen. Ende des vergangenen Jahres hatte bin Hammam angefangen, immer wieder öffentlich die FIFA-Strukturen zu kritisieren. Blatter selber sagte damals, die Freundschaft sei „ganz plötzlich zerbrochen“. Nur Stunden nach bin Hammams Demission wurde bereits offen über seine Nachfolge in Asien diskutiert. Der Chinese Zhang Jilong soll neuer AFC-Präsident werden.