Augsburger Länderspiel-Novize Hahn empfiehlt sich Löw
Augsburg (dpa) - André Hahn ahnte, was auf ihn zukommen würde. „Jetzt geht's los“, murmelte er auf dem Weg zur wartenden Journalistentraube hinter dem Absperrband in den Augsburger Stadionkatakomben.
Mit seiner Mannschaft hatte er gerade ein 1:1 gegen Hannover 96 erkämpft. Der eine oder andere seiner Teamkollegen haderte nach einer starken zweiten Hälfte - nicht aber Augsburgs Mann der Stunde.
„Das Remis ist am Ende in Ordnung. Wir waren vor der Pause nicht so gut im Spiel“, sagte der 23-jährige Hahn. Nachdem die Anstandsfrage zum Spiel gestellt war, grinste der Mittelfeldprofi: In epischer Breite musste er von den aufregenden Vortagen berichten.
DFB-Co-Trainer Hansi Flick, der auch im Stadion jede Aktion von Hahn mit Argusaugen beobachtete, war „in einem nicht sehr langen Telefongespräch“ der Überbringer der frohen Kunde gewesen. Erst zum dritten Mal wurde ein Spieler des FCA in die Nationalmannschaft berufen. „Ich musste zunächst überlegen, wo er hingehört“, berichtete Hahn vom Gespräch mit dem Assistenten von Bundestrainer Joachim Löw. „Dann habe ich ihm gesagt, dass ich ihm nicht ganz glaube: Ich dachte ich werde verarscht.“
Dabei hatte der Augsburger Top-Scorer (zehn Treffer, vier Vorlagen) gleich zu Beginn des Spiels gezeigt, warum Löw von ihm angetan ist: Aus knapp 20 Metern zog Hahn ab (4. Minute), 96-Keeper Ron-Robert Zieler konnte den wuchtigen Schuss soeben zur Ecke ablenken.
Sein Schuss war eine der wenigen Augsburger Möglichkeiten in der ersten Hälfte. „Hannover hat es uns in der ersten Hälfte schwer gemacht und uns ist es nicht gelungen, richtig zwingende Chancen zu erspielen“, urteilte FCA-Coach Markus Weinzierl. Erst nach der Pause hatte sich sein Team vom Kullertor zum 0:1 durch Mame Diouf (21.) berappelt. Eine Szene, die für Kapitän Paul Verhaegh gleich doppelt bitter war: Der Niederländer zog sich beim Rettungsversuch eine tiefe Risswunde zu und wird rund zwei Wochen ausfallen.
Als Augsburg den Druck immer mehr erhöhte, gab es reihenweise Großchancen. Wiederum scheiterte Hahn aus 13 Metern an Zieler (55.). Der Führungstreffer war ihm nicht vergönnt. Frust? Fehlanzeige - zumindest bei Hahn. Zu spannend sind die kommenden Tage für den gelernten Fahrzeuglackierer, der noch vor 14 Monaten in der Dritten Liga für Kickers Offenbach auflief. Erst in der vergangenen Rückrunde war er mit einem Vertrag bis 2016 nach Augsburg gewechselt.
„Es geht alles rasend schnell. Das ist gut, dann hab ich nicht viel Zeit, darüber nachzudenken“, sagte er und kündigte an, am Abend „ein alkoholfreies Bierchen auf die Nationalmannschaft“ zu trinken. Einige hundert Nachrichten seien auf seinem Handy eingegangen, speziell aus der norddeutschen Heimat Otterndorf bei Cuxhaven. „Mein Papa hat dort, glaube ich, erstmal sein Büro zugemacht, weil gar nichts mehr ging.“ Auch seine Mannschaft habe schon „durchblicken lassen, dass es recht teuer wird“ - zum DFB-Einstand habe Coach Weinzierl das Ausgehverbot für einen Abend aufgehoben.
Zum Treffpunkt der Nationalmannschaft am Sonntagabend in Stuttgart wollte Hahn zusammen mit einigen Spielern des FC Bayern den Zug aus München nehmen. „Wenn man die Namen sieht, die haben schon ganz andere Erfahrungen gesammelt als ich“, sagte er mit Blick auf Lahm, Schweinsteiger, Neuer und Co. Ein prominentes Augsburger Vorbild gibt es für den Löw-Neuling: 1958 debütierte der damalige FCA-Spieler Helmut Haller in der Nationalmannschaft. Sein erstes Länderspieltor erzielte Haller in Stuttgart, im Test-Länderspiel gegen Chile. „Einen Torjubel überleg ich mir noch“, versprach Hahn augenzwinkernd.