Deshalb ist ter Stegen so begehrt
In Kürze entscheidet sich der 21 Jahre alte Torhüter, ob er in Gladbach bleibt. Viel spricht nicht mehr dafür.
Mönchengladbach. Max Eberl ist ein positiv denkender Mensch. „Wenn ich immer nur die Worst-Case-Szenarien durchspielen würde“, sagt der 40-Jährige, „müsste ich bald nackt über die Autobahn laufen.“ Das will niemand — und so kommuniziert der Sportdirektor weiter die Hoffnung, dass sein Torhüterjuwel Marc-André ter Stegen dem Werben der Top-Klubs FC Barcelona oder Arsenal London widerstehen und Gladbachs millionenschwere Vertragsofferte über 2015 hinaus annehmen könnte.
Ter Stegen habe ihn bereits 2011 bei Verhandlungen „zappeln lassen“. Allzu lange mag er sich nun im Transferpoker nicht mehr gedulden. „Wir haben noch das Spiel gegen Wolfsburg — und dann ist die Zeit reif für eine Entscheidung“, sagt Eberl. Auf „50 zu 50“ stuft er Borussias Chancen ein. Wobei seine Mimik weniger Zuversicht vermuten lässt. Ter Stegen selbst zieht es mittlerweile vor, zu schweigen. Jüngst ließ er einen TV-Reporter vor laufender Kamera stehen. Was Indiz für den inneren Zwiespalt des 21-Jährigen ist.
Ter Stegen ist in Gladbach geboren, bei Borussia zum Profi, Fan-Liebling und Nationalspieler aufgestiegen. Dazu schickt sich Gladbach an, unter die Top Vier der Liga und zurück auf die europäische Bühne zu stürmen.
Auf der anderen Seite bohrt in ihm die Frage: Darf ein erfolgshungriger Profi aus der niederrheinischen Provinz ein Angebot aus Barcelona ausschlagen? Die Katalanen sind scharf auf ter Stegen, der in „Camp Nou“ ab Sommer in die Fußstapfen von Schlussmann Víctor Valdés treten soll.
Eine zweistellige Millionen-Ablöse dürfte das die Spanier kosten, da ter Stegen aus einem laufenden Vertrag herausgekauft werden müsste. Warum der viermalige Champions-League-Gewinner auf einen relativ unerfahrenen Keeper wie ihn setzt, hat Gründe. Barcelona hat den Gladbacher seit dessen EM-Triumph 2009 mit den U17-Junioren des DFB auf dem Schirm. Ter Stegen wurde seither regelmäßig beobachtet, sein Leistungsspektrum akribisch durchleuchtet. Bis die spanischen Entscheider erkannt haben: ter Stegen passt perfekt in das System Barcelona. Auf dem europäischen Markt ist kaum ein Torwart zu finden, dessen Fähigkeiten mit dem Ball ähnlich gut sind.
Gladbachs Erfolgsserie mit Ballbesitzspiel (in Mainz waren es 70 Prozent) wäre ohne ter Stegens Fähigkeit, Rückpässe exakt auf die eigenen Kollegen zurückzuschlagen und so einen schnellen Spielaufbau zu gewährleisten, nicht möglich. Er wäre also ideal, um Barcas Passmaschine anzuwerfen.
Laut DFL-Statistik hat ter Stegen die meisten Ballkontakte (962) aller Liga-Torhüter. Bayerns Manuel Neuer (612) oder Dortmunds Roman Weidenfeller (462) können da nicht mithalten. Auch in Bereichen wie gehaltene Torschüsse, Paraden, Abwürfe oder abgefangene Flanken ist ter Stegen top. Es deutet einiges darauf hin, dass er Gladbach vorzeitig verlassen könnte.