Favre gibt seine Tribünen-Premiere
Gladbach verspielt den Sieg, und der Trainer reagiert ungewohnt emotional.
Mönchengladbach. Lucien Favre ist nicht als sonderlich aufbrausend bekannt. Er gilt als sachlicher Analytiker und sympathischer Mann von Welt, meist mit einem Lächeln auf den Lippen.
Beim 1:1 gegen den SC Freiburg aber lernten die Fans eine andere Seite des Trainers von Borussia Mönchengladbach kennen: Favre hatte sich nach einer Entscheidung (84.) von Schiedsrichters Wolfgang Stark mit seinen Fingern eine imaginäre Brille ins Gesicht gezeichnet und damit dessen Sehvermögen beim Assistenten Jan Hendrik Salver angezweifelt.
Stark schickte Favre auf die Tribüne. „Der Schiedsrichter hatte auf Eckball entschieden, ich hatte einen Einwurf erkannt. Ich habe einen Fehler gemacht, das ist leider so. Aber Emotionen müssen im Fußball erlaubt sein“, sagte der Gladbach-Trainer. Es war erst die zweite Verbannung auf die Tribüne für ihn in der Bundesliga. 2008 hatte er als Hertha-Trainer dem Schiedsrichter-Assistenten den Vogel gezeigt. „Alle vier Jahre, das geht doch“, sagte Favre.
Dass eine eher harmlose Szene zu derartigen Emotionen führt, sagt vieles über den Gesamtzustand beim Fußball-Bundesligisten aus. Der Druck durch die Millionen-Investitionen, die nur mühselig fortschreitende Weiterentwicklung der Mannschaft, die Mehrfachbelastung aus Bundesliga, Europa- und DFB-Pokal ist immens und hinterlässt Spuren.
Zwar erkannte Favre „kleine Fortschritte“, das darf aber allenfalls für die Defensive gelten. Doch die Konzentration auf die Abwehrarbeit lähmt derzeit das Offensivspiel. „Im Spiel nach vorne fehlt uns manchmal die Kraft und die geistige Frische“, sagte Kapitän Martin Stranzl. Favre sagte: „Wir hatten Angst, über die Seite zu spielen.“
Rühmliche Ausnahme war die Gladbacher Führung in der 49. Minute, die Igor de Camargo nach Direktspiel von Thorben Marx und Oscar Wendt erzielte. Freiburg aber antwortet stark und glich mit einem Foulelfmeter von Daniel Caligiuri (77.) aus. Juan Arango hatte Oliver Sorg im Strafraum gefoult. Da wich das Lächeln in Favres Gesicht.
Borussia Mönchengladbach:
überragend —
gut: Marx, Herrmann
durchschnittlich: Ter Stegen, Brouwers, Dominguez, Wendt, Nordtveit, de Camargo
enttäuschend: Stranzl, Arango, Rupp
SC Freiburg:
überragend —
gut: Baumann, Sorg, Schuster, Caligiuri,
durchschnittlich: Krmas, Mujidza, Makiadi, Kruse
enttäuschend: Diagne, Schmid, Freis