Favre steht vor seinem 150. Bundesligaspiel
Seit etwas mehr als zwei Jahren trainiert der Schweizer die Gladbacher. Viel mehr als die blanke Zahl interessiert ihn die nächste Partie.
Mönchengladbach. Lucien Favre gibt sich betont zurückhaltend. „150 Spiele? Das ist okay. Aber ich bewerte das nicht über. Wichtig ist, dass wir nach dem hart umkämpften Sieg gegen Fürth nachlegen und versuchen, in Stuttgart zu gewinnen, um weiter im oberen Tabellendrittel mitzumischen.“ Mit dem Gastspiel am Sonntag beim VfB Stuttgart setzt der Cheftrainer von Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach im Herbst seiner Karriere gleichwohl ein weiteres persönliches Ausrufezeichen: Der 55-jährige Schweizer steht vor seinem 150. Bundesligaspiel.
Nur sechs der 18 aktuellen Erstligatrainer (Spitzenreiter ist Jupp Heynckes) haben in dieser Funktion mehr Spiele vorzuweisen. 150 — das ist freilich nur eine Momentaufnahme für Lucien Favre. Macht doch der Fußballtrainer aus dem Kanton Waadt im Gespräch mit unserer Zeitung keinen Hehl daraus, dass er von der Bundesliga noch lange nicht genug hat: „Sie ist spannend, und attraktiv. Bayern und Dortmund haben große Klasse, sind in Europa ganz vorne. Aber Borussia Mönchengladbach spielt gut mit, gehört dazu. Das finde ich wunderbar.“ Zudem wird die Tätigkeit des umsichtigen Trainers und gewieften Taktikers Favre am Niederrhein anerkannt und gelobt. „Bei der Borussia“, sagte Günter Netzer jetzt in einem Interview, „gibt es einen Namen für den Aufschwung: Lucien Favre. Er hat es geschafft, die Mannschaft vor dem Abstieg zu bewahren, sie zu verbessern und zu stabilisieren. Und das nach dem Verkauf der besten Spieler.“ Der Gladbach-Legende und Fußball-Institution schlechthin ist dann auch vor den Abläufen beim Bundesliga-Endspurt nicht bange: „Platz fünf oder sechs sollte möglich sein, und wenn sich die Borussia künftig im Bereich der Europa-League-Plätze festsetzen könnte, dann wäre das ein riesiger Erfolg für den Klub.“
Lucien Favre wurde 2006 und 2007 mit dem FC Zürich Meister sowie Trainer des Jahres in der Schweiz, bevor er als knapp 50-Jähriger in der Bundesliga anheuerte und schnell Fuß fasste. In den ersten 75 Bundesliga-Partien trainierte Lucien Favre den Hauptstadtklub Hertha BSC (Vierter in der Spielzeit 2008/2009); seit Februar 2011 ist er beim VfL Borussia beschäftigt und nähert sich mit Gladbach nun ebenfalls der „75er-Marke“.
Nach den ersten zwölf Partien in der Saison 2010/2011 (20 Punkte, Relegation, Klassenerhalt) und einem fast sensationellen vierten Rang in der Spielzeit darauf schickt sich die Gladbacher Borussia an, erneut das Portal nach Europa aufzustoßen. „Es wird wohl bis zum Schluss eng bleiben. Das ist klar. Vielleicht fällt die Entscheidung ja erst am letzten Spieltag gegen den neuen Deutschen Meister München“, sagt der Eidgenosse.
Favre, der einen Vertrag bis 2015 besitzt, steht jetzt gut zwei Jahre in Diensten des Klubs. Übertroffen haben dies in den vergangenen 20 Jahren, in denen der VfL 13 Trainer beschäftigte, lediglich zwei Fußballlehrer: Bernd Krauss (1992 bis 1996) und Hans Meyer (1999 bis 2003).