Geduldsspiel mit Happy-End
Bei Borussias 2:1-Sieg gegen Carl Zeiss Jena machte Oliver Neuville den Unterschied aus.
Mönchengladbach. In der 85. Spielminute des Fußball-Zweitligaspiels zwischen Borussia Mönchengladbach und dem FC Carl Zeiss Jena ging Doppeltorschütze Oliver Neuville unter dem tosenden Beifall der 28759 Zuschauer vom Feld. Ein Akt, der beinahe schon Tradition hat in der Zweiten Fußball-Bundesliga: Schon nach seinen beiden Toren gegen den VfL Osnabrück (2:1) und dem FC Augsburg (4:2) wurde der Nationalstürmer vorzeitig ausgewechselt - und gewissermaßen in Watte gepackt. Denn Neuville ist ein Spieler, der in der Lage ist, selbst komplett zerfahrene Spiele dank seines individuellen Könnens aufzureißen. Eine Demonstration seiner Klasse war das Tor zum 1:0 gegen Jena: Einen Heber von Marko Marin nahm der 34-Jährige perfekt an und donnerte den Ball unhaltbar in die Maschen. Ein Traumstart in das als "Geduldsspiel" gegen passive Gäste angekündigte Spiel.
Doch es kam alles anders. "Wir haben nach dem 1:0 einfach aufgehört, Fußball zu spielen", zuckt Neuville mit den Schultern.
Der Gast aus Thüringen stellte sich quer, wollte keinen Gladbacher Sieg zulassen und überraschte mit temporeichem und aggressivem Spiel. Der trickreiche Jan Simak, einst gemeinsam mit Oliver Neuville bei Bayer Leverkusen unter Vertrag, war nie ganz auszuschalten. Jena hatte sich gut auf Borussia vorbereitet, die besten Offensivspieler der vergangenen Wochen, Torjäger Rob Friend und Vorbereiter Marcel Ndjeng, waren abgemeldet. Und Sandor Torghelle sorgte mit seinem Kopfballtor für den verdienten Ausgleich.
Nach knapp einer Stunde hatte Neuville die Chance auf den Führungstreffer, als Ndjeng einen Pass quer durch den Fünfmeterraum spielte. "Es ist schon komisch", so Neuville, der aus drei Metern über das leere Tor schoss. "Die schweren Tore mache ich fast immer, die einfachen nicht."
Zehn Minuten vor dem Ende hatte Neuville dann wieder die Gelegenheit für eine anspruchsvolle Vollstreckung: Bei einem Freistoß von Marcel Ndjeng orientierte sich Neuville an den langen Pfosten, wartete auf den Ball und verwertete ihn als Aufsetzer ins lange Eck. Justament musste auch Roberto Colautti, der eigentlich als frische Kraft für den Angriff vorgesehen war, wieder auf der Bank Platz nehmen. "Ich wollte nach dem 2:1 Sicherheit ins Spiel bringen", begründete Trainer Jos Luhukay diesen Schritt und wechselte stattdessen Abräumer Sebastian Svärd ein.
Oliver Neuville konnte sich nun in eine dicke Winterjacke einmümmeln und von höheren Zielen träumen. "Joachim Löw hat mir immer gesagt, dass ich auch meine Chance bekomme, wenn ich in der zweiten Liga spiele", sagt er in Hinblick auf die im Sommer 2008 anstehende Fußball-Europameisterschaft.
"Und so langsam komme ich auch in Form. Mit jedem Tor wird meine Chance größer." Mittlerweile sind es sieben Saisontreffer, alle in Heimspielen erzielt. Nach Teamkollege Rob Friend und dem Kölner Milivoje Novakovic steht Neuville auf Rang drei der Torschützenliste.
Er warf dem Publikum eine Kusshand zu und setzte zu einer kleinen Runde an. In der Pose eines stillen Stars genoss Oliver Neuville seine beiden Tore gegen Jena - Geistesblitze in einem schwierigen Spiel. Neuvilles zauberhafte Aktionen waren die wenigen Höhepunkte im Borussia-Park. Wer, wie der VfL, aus einem solchen Match als Sieger hervorgeht, der hat gute Chancen, sein Ziel zu erreichen. Das gilt für die auf den Wiederaufstieg erpichte Gladbacher Borussia ebenso wie für Nationalspieler Neuville, der auch noch die EM 2008 in der Schweiz und Österreich im Visier hat. Mit solch tollen Toren wie am Montagabend bleibt er auf jeden Fall im Gespräch.