Günter Netzer: „Borussia muss in den Europapokal“
Günter Netzer über das Jubiläum der Bundesliga, seine Anfänge in Mönchengladbach und die Zukunft der Borussia.
Düsseldorf. Es war ein ganz besonderes Ereignis: Der erste Spieltag in der neu gegründeten Fußball-Bundesliga vor 50 Jahren. Die Stadien an jenem Samstag, 24. August 1963, waren gut gefüllt, und nach knapp einer Minute fiel im Bremer Weserstadion das erste Tor durch Timo Konietzka von Borussia Dortmund (Endstand: 3:2 für Werder). Günter Netzer erlebte den mit Spannung erwarteten Bundesliga-Start zunächst aus der Distanz, als 18 Jahre alter Jungprofi bei Borussia Mönchengladbach in der Regionalliga West.
Herr Netzer, beim Start der Bundesliga war Borussia Mönchengladbach nicht dabei. Hatte dies Auswirkungen für Sie?
Günter Netzer: Meine Entwicklung hat darunter nicht gelitten. Ich war 18 Jahre alt, als ich zur Borussia wechselte und meinen ersten Profivertrag unterschrieb. Die Regionalliga als Unterbau der Bundesliga war für mich der ideale Einstieg.
Wo haben Sie die Bundesliga-Ouvertüre erlebt?
Netzer: Ich weiß nicht mehr so genau. Wir waren voll auf unser Spiel in Gladbach konzentriert. Denn tags darauf empfing Borussia am Bökelberg Alemannia Aachen. Ich glaube, wir haben verloren (2:3, d. Red.).
Die Borussen kamen unter Trainer Hennes Weisweiler ins Rollen, belegten in der Meisterschaft Platz eins und ließen auch in der Aufstiegsrunde die Konkurrenz hinter sich. Welche Bedeutung hatte der Aufstieg 1965 für Sie?
Netzer: Das war die Krönung einer schönen Saison. Wir haben einen tollen und aufregenden Fußball gespielt. Die Bundesliga bedeutete für mich die große, weite Welt.
Inwieweit war der Aufstieg Weisweilers Werk?
Netzer: Hennes Weisweiler hat die Richtung vorgegeben. Wir waren eine verschworene Gemeinschaft. Weisweiler hat für den Zusammenhalt gesorgt. Er hat uns das Spiel ausleben lassen. Es sollte immer nach vorn gehen.
Nach der ersten deutschen Meisterschaft 1970 kamen die besten Gladbacher Jahre. Fast im Gleichklang begann die Ära des FC Bayern. Wie nah sind Ihnen die Duelle noch?
Netzer: Die Zuschauer erlebten fast immer große Fußballspiele, wenn sich beide Mannschaften gegenüberstanden. Es standen großartige Fußballer auf dem Platz. In dieser Phase machte die Bundesliga qualitativ einen großen Sprung nach vorne.
Und wie beurteilen Sie die Bundesliga anno 2013?
Netzer: Die Bundesliga hat für mich einen Stellenwert wie noch nie, der internationale Standard ist sehr hoch. Bayern München und Dortmund haben Maßstäbe gesetzt.
Werden beide Vereine auch in der neuen Saison die Liga dominieren?
Netzer: Die Bayern werden nur schwer zu schlagen sein, unmöglich ist es nicht. Dortmund wird nicht noch einmal so hinterhecheln. Der BVB ist wieder der große Rivale des Rekordmeisters.
Aber Dortmund hat Götze an Bayern verloren?
Netzer: Trotzdem behaupte ich, dass der BVB nicht an Klasse verloren hat. Ich gehe davon aus, dass die Zugänge Mchitarjan und Aubameyang funktionieren werden. Ich kenne diese Spieler nicht so gut, aber dafür den Fußball-Sachverstand der Entscheidungsträger in Dortmund.
Was trauen Sie Borussia Mönchengladbach zu?
Netzer: Aufgrund der Platzierung (Rang acht, d. Red.) dürfen jetzt keine Glücksgefühle im Borussia-Park entstehen oder Zufriedenheit aufkommen. Es muss für die Borussia ab sofort wieder um die Europapokalplätze gehen. Das sollte der Anspruch sein.