Hahns 100-Tage-Bilanz bei Borussia
Seit dem 1. Juli lernt André Hahn die rheinische Mentalität kennen. Fünf Tore erzielte er bereits für Gladbach.
Mönchengladbach. Enttäuschungen haben bisher Seltenheitswert im Dasein des Borussen André Hahn. Klar jubiliert er nicht, wenn er mal aus der Startelf rausrotiert. Wie in Paderborn oder jetzt gegen Mainz. Klar ärgert auch er sich über die Siege, die Borussia sträflich liegen ließ. Wie in Zürich oder jetzt gegen Mainz.
Aber in der persönlichen 100-Tage-Bilanz seit seinem Vertragsbeginn in Gladbach zum 1. Juli war die Nichtnominierung von Joachim Löw für die anstehenden Länderspiele im Prinzip der einzige Moll-Ton. „Ich habe ja nun auch schon ein paar gute Spiele für Borussia gemacht. Dadurch hatte ich mir schon ein bisschen erhofft, nominiert zu werden. Aber der Bundestrainer hat nunmal so entschieden“, sagt Hahn.
Ansonsten müsste Hahn mühsam fischen, um ein Haar in der Suppe zu finden, wenn es um die Bilanz seiner Startphase am Niederrhein geht. Im Gegenteil: Viel besser hätte es aus seiner Sicht nicht laufen können. Als „sehr, sehr positiv“ bewertet der 24-Jährige die zurückliegenden Wochen. „Ich wollte den nächsten Schritt gehen und mich bei einem größeren Verein durchsetzen. Ich wollte viel dazulernen, mich weiterentwickeln, in der Mannschaft integrieren und der Mannschaft weiterhelfen. Ich denke, das ist mir bislang alles gut geglückt“, sagt er.
Er zeigte keine Anpassungsprobleme und adaptierte schon in weiten Teilen den Fußball-Stil, den Lucien Favre favorisiert. Und er schoss Tore. Fünf bereits, er traf bereits in allen drei Wettbewerben, viermal schoss er das 1:0. Er ist der bislang treffsicherste Borusse hinter Branimir Hrgota.
Doch der rosarote Start lässt Hahn nicht abheben. Nicht anders werden. Dazu erdet ihn sein persönlicher Werdegang viel zu sehr. Er weiß, wo er herkommt, und dass das eben keine Nachwuchsakademie ist, kein Leben als umworbenes Talent, kein vorgezeichneter Weg als Profi.
„Ich bin zwar schon 24, aber ich spiele ja erst seit anderthalb Jahren Bundesliga“, sagt er. Deswegen zeigt er sich weiter lernwillig und wissbegierig. Deswegen reizte ihn die Zusammenarbeit mit Favre. „Ich habe im taktischen und technischen Bereich schon sehr gut zugelegt. Aber ich habe natürlich noch Luft nach oben. Ich möchte immer dazulernen, das weiß der Trainer auch. Deswegen bin ich den Schritt auch gegangen, weil er eben diesen Ruf hat“, sagt Hahn.
Der Wechsel aus Augsburg nach Mönchengladbach war in vielerlei Hinsicht eine Umstellung. Sportlich („Die Qualität im Kader ist natürlich größer“), von der Anziehungskraft des Vereins her („Der ganze Verein, das Umfeld, mit den Fans, das ist hier schon der Wahnsinn“) und natürlich auch in punkto Mentalität. Da traf der Cuxhavener Hahn nun auf den rheinischen Menschenschlag. Und der kann bekanntlich entwaffnend direkt sein. „Ich komme damit sehr gut klar. Ich weiß mich, zu wehren“, sagt Hahn und schmunzelt. „Ich fühle mich hier sehr wohl. Wir haben uns sehr gut eingelebt. Deswegen bin ich auch sehr schnell hier angekommen.“
Die zwei freien Tage, die Favre den Nicht-Nationalspielern gewährt, nimmt Hahn gerne an. Denn auch an ihm sind die Strapazen der Englischen Wochen nicht spurlos vorübergegangen. „Nach einem Spiel wie in Zürich bin ich schon froh, abends ins Bett fallen zu können, aber zum nächsten Spiel will man einfach wieder fit sein. Da spielt der Kopf auch eine große Rolle, und ich denke, da bin ich sehr stabil“, sagt Hahn.
Er hofft auch auf eine erneute Einladung von Bundestrainer Joachim Löw. Seine ersten 100 Tage bei Borussia wähnen ihn da durchaus auf einem guten Weg.